Archive | April 2015

Familienportrait Teil 25 – “Sag mir wo die Blumen sind” / Die Ballade von Wolfgang und Notburga / 3. und letztes Kapitel / 1961-2014

Wolfgang und Notburga in Tokyo (vorn, Mitte, 1969)

1961 wird alles anders.

In Hamburg nimmt eine unbekannte Band unter dem Namen “The Beat Brothers” mit Tony Sheridan “My Bonnie” auf. Die Aufnahme wird in Deutschland 100 000mal verkauft. Die Musiker der Gruppe lassen sich ihre Haare zu Moptops schneiden, “Pilzköpfe” sagt man in Deutschland, ihr Name ist nun “The Beatles”. Sie werden nicht nur Mode und Musik nachhaltig beeinflussen, sie werden den ganzen Erdball verändern. Der sowjetische Kosmonaut Yuri Gagarin fliegt als erster Mensch in den Weltraum. Barbie bekommt einen Freund namens Ken, in Berlin wird eine Mauer errichtet, die jeden Kontakt zwischen und Ost und West unterbindet und ich bringe mir englisch bei. Ich will die Musik im AFN besser verstehen und die amerikanischen Comics, wie Batman oder Spider-Man lesen können, die ich mir in den Hefte-Tausch-Läden besorge. 1961 ist auch das Jahr in dem die venezolanischen Kluges nach West-Berlin kommen.

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Marcus, die “kleine” Notburga, Ingrid, Thomas

Erst einmal wohnen sie bei uns. Mein Bruder und ich kampieren mit den beiden Mädchen aus Venezuela im großen Wintergartenzimmer mit Blick auf den Volkspark. Ich bin mit sieben Jahren der Kleinste, Ingrid ist neun, die kleine Notburga ist elf, Thomas ist 13. Wir verständigen uns auf deutsch, mit spanischen und englischen Ausdrücken. Als wir im Sommer ins Strandbad Wannsee gehen, will Ingrid nicht ins Wasser. Sie hat Angst vor Haifischen. Abends quatschen wir lange, ich hatte mir ja immer Schwestern gewünscht. Leider dauert der Ausnahmezustand nicht lange.

Image Wolfgang

Wolfgang wird meine erste männliche Stil-Ikone. Er trägt amerikanische Oberhemden, die Zigaretten stets in der Brusttasche, schicke Krawatten aus Caracas, seine Haare sind mit Pomade locker gelegt. Obwohl er viel arbeitet und sicher auch Stess hat, strahlt er Ruhe aus und gibt jedem Gesprächspartner das Gefühl, ganz für ihn da zu sein. Die große Notburga sieht im piefigen West-Berlin wie ein Filmstar aus. Selbst im Kopftuch scheint sie den Seiten eines Modemagazins entsprungen zu sein.

Image Notburga

Wolfgang arbeitet als Manager für die Charterfluglinie “Saturn Airways” im Flughafen Tempelhof. Nachmittags besuche ich ihn öfter dort, er nimmt sich für mich Zeit, zeigt mir das imposante Gebäude, ich darf sogar aufs Rollfeld mit ihm. Anschließend bekomme ich Coco-Cola, echte amerikanische, ich bilde mir ein, dass sie viel besser schmeckt als deutsche.

Die amerikanischen Kluges ziehen in die Nähe vom Flughafen. Alle 20 Minuten donnert ein Clipper im Tiefflug über das Haus. Dann mieten sie einen Bungalow in Lichtenrade, er wirkt sehr amerikanisch, innen und außen. Sie behalten aber auch die ganze Zeit eine Wohnung in Österreich, in Ach an der Salzach, wo Notburgas Vater nach dem Krieg praktizierte. Viele Einwohner können sich an ihren ehemaligen Arzt, Dr. Baumgartner erinnern. Für die große Notburga wird es ein Stück Heimat gewesen sein, dort auszuspannen. Auch meine Familie macht hier Urlaub, im Sommer 1963. Im Dorfkino sehen wir Dr. No, den ersten Bond-Film. Man muss nur über eine Brücke gehen, dann ist man in Burghausen, Deutschland. In Österreich wird auch der Sohn von Wolfgang und Notburga, Johannes, geboren, am 27.2.1964. Die Eltern legen wert darauf, dass er nicht in Deutschland zur Welt kommt, nie soll er eine deutsche Uniform tragen.

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Die große Notburga mit dem kleinen Johannes

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Marcus 1961, Volkspark Wilmersdorf

Als meine Mutter krank wird und in eine Klinik muss, wohne ich eine Zeitlang in der Villa in Lichtenrade. Die große Notburga kümmert sich sehr freundlich um mich. Ich habe angefangen mir das Kochen beizubringen, Notburga unterstützt mich und zeigt mir exotische Gerichte, die sie auf den vielen Reisen rund um den Globus mit Wolfgang kennen gelernt hat. Suki-Yaki wird mein neues Leibgericht. Wolfgang zeigt mir seine technischen Geräte, wie das Uher-Report-Tonbandgerät und seine Filmkamera. Das Haus ist voll mit süd- und nord-amerikanischer Kultur, Platten, Büchern, Bildern und Kunstgegenständen, ich fühle mich sehr wohl. Die größte Entdeckung ist jedoch der kleine Fernseher in der Küche. Dort kann ich das amerikanische Soldatenprogramm sehen, das nicht nur in Dahlem, sondern auch am Flughafen Tempelhof, einen kleinen Sender betreibt. Zu einer Zeit, als das deutsche Fernsehen um 17 Uhr beginnt und um 23.30 Uhr endet und in West und Ost gleichermaßen langweilig ist, wird das für mich zu einer Offenbarung. Serien wie Dragnet, Addams Family oder The Outer Limits begeistern mich. Jeden Abend läuft die Tonight Show mit Johnny Carson, der Prototyp der Late Night Show. In Deutschland wird es 30 Jahre dauern, bis das Format adaptiert wird. Carson ist großartig und ich lerne viel über US-Pop-Kultur. Jeden Sonnabend kommt ein Gruselfilm der B-Klasse, meist aus den 50er Jahren. “The cheaper they are the better they are!”, wie es Frank Zappa ausdrücken wird.

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Johannes und die kleine Notburga

In Berlin ist für Wolfgang das obere Ende der Karriere-Leiter erreicht, die Familie zieht in den Taunus, nahe dem Rhein-Main-Flughafen. Hier will Wolfgang seine Vison verwirklichen. Durch 20 Jahre Berufserfahrung im Fluglinien-Geschäft und seine unzähligen Reisen, ist er zum Experten geworden. Jetzt will er seine Expertise in einem weltweiten Linienflug- und Straßenatlas einbringen. Ein gigantisches Projekt, das er fast allein auf die Beine stellt, selbst Illustrationen wie die Concorde zeichnet er eigenhändig. Die Flug- und Straßenkarten ergänzt ein umfangreicher Informationsteil, ein mehrsprachiges Wörterbuch ist auch dabei. Leider hat das Produkt keinen durchschlagenden Erfolg. Vielleicht war er mit seiner Idee auch zu früh, 15 oder 20 Jahre später, in einer globalisierten Welt, hätte er wohl mehr Erfolg mit seinem wegweisenden Projekt gehabt.

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Wolfgangs Atlas

Am 2. Juli 1971 sehe ich ihn zum letzten Mal. Auf unserem Weg nach Paris, besuchen wir ihn und die große Notburga, in der Nähe von Frankfurt. Es ist Nachmittag, er hatte sich hingelegt, Notburga will ihn eigentlich schlafen lassen, aber er besteht darauf, uns Hallo zu sagen. Als er im Morgenmantel die Treppe herabkommt, bin ich bestürzt, er sieht alt aus und müde, sehr müde. Ich habe eine Ahnung, ich werde ihn nicht wiedersehen. Nach einer Stunde verabschieden wir uns, wir noch eine lange Strecke vor uns.

In der folgenden Nacht bin ich zum ersten Mal in Paris. Während ich um 3 Uhr morgens am Boulevard St-Michel sitze, stirbt ein paar Ecken weiter Jim Morrison in seiner Badewanne.

https://marcuskluge.wordpress.com/2013/12/09/familienportrait-marathon-tag-15-paris-zum-ersten-1971/

 

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Notburga, Johannes, Wolfgang, Mitte der 70er Jahre

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Johannes, Marcus, 1977 in Berlin

Nach dem Atlas-Projekt zieht Wolfgangs Familie zurück nach Venezuela. Nur die kleine Notburga ist inzwischen in Deutschland verheiratet und hat einen Sohn, sie bleibt in Europa. In Amerika kann Wolfgang an seine beruflichen Erfolge nicht mehr anknüpfen. In Venezuela ist geschäftlicher Erfolg häufig mit Korruption und Vetternwirtschaft verbunden, aber das liegt dem geradlinigen Wolfgang nicht. Die große Notburga geht wieder arbeiten. Wolfgang geht es gesundheitlich nicht gut. Es rächt sich, dass er sich nie geschont hat und auch nie Sport getrieben hat. Er muss ins Krankenhaus, nimmt es wie Urlaub, scherzt es ginge ihm großartig, nach der Erholung im Spital. Niemand rechnet mit der Katastrophe, die sich nun ereignet. Am 24. April 1979 stirbt Wolfgang Kluge an einem Herzinfarkt, keine 50 Jahre Lebenszeit waren ihm vergönnt. Ingrid erkennt die Warnsignale bei ihrem Vater und fährt ihn nach Caracas in Krankenhaus, doch schon auf der Panamericana, mitten im Verkehr, verlassen ihn die Lebensgeister für immer. Er stirbt in ihren Armen.

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Notburga, die den eigenen Schmerz tragen muss, macht sich große Sorgen um ihre Kinder, besonders Johannes. Wolfgang und er standen sich besonders nah. “Wie zwei verschworene Lausbuben”, seinen sie gewesen, schreibt die Witwe meiner Mutter. Johannes ist 14 einhalb, er frisst den Schmerz in sich hinein, auch Notburga verschließt sich. Sechs Monate später schreibt Notburga meiner Mutter, dass sie wieder zueinander gefunden haben. Aber Johannes hat unter dem Druck der Trauer seine Kindheit aufgeben müssen. Er ist nun vollends erwachsen. Schon länger hatte er den Plan auf die Luftwaffenakademie zu gehen, er will fliegen. Dadurch würde sein Studium nicht die Eltern belasten. Notburga hat Vorbehalte, “Du weißt wie ich den Militarismus hasse.”, schreibt sie. Natürlich ist sie trotzdem einverstanden. Der nunmehr 15jährige will auch in den Schulferien arbeiten gehen, um für die kleine Familie beizutragen, das redet sie ihm aus. Für die Luftwaffe ist er zu groß gewachsen und die Brille stört. Er geht zum Heer, sein Kompaniechef ist ein ehrgeiziger Offizier namens Hugo Chavez. Johannes hält ihn damals schon für ziemlich durchgeknallt. 1992 versucht sich Chavez durch das Militär an die Macht zu putschen. Der Umsturz misslingt, nach zwei Jahren wird er begnadigt. 1998 wird er Präsident, er ist vor allem im Ausland umstritten. 2013 stirbt er an Krebs, noch heute besteht die Regierung aus seinen Weggefährten. Zu denen hätte auch Johannes gehören können, doch dieser erkennt früh den Karrieristen, der mit blankem Populismus Anhänger um sich schart, die einen Personenkult betreiben, der Chavez’ Narzissmus schmeichelt.

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Johannes beim Militär

Es ist merkwürdig und traurig, dass offenbar alle Kluge-Männer zu früh auf ihren Vater verzichten mussten. Bei meinem Vater war das so, bei Wolfgang, bei Johannes und auch bei mir. Nach der Scheidung meiner Eltern, da war ich zwölf, hat sich mein Vater nicht ein einziges Mal bei mir gemeldet, er hat mir nie geschrieben oder sich sonst um mich gekümmert. Ein paar Mal habe ich ihn besucht, die Initiative ging dabei von mir aus. Aber auch bei diesen Treffen hat er nie gefragt, wie es mir ginge, was ich machte oder wie meine Pläne wären. Sicher sind die Einzelschicksale unterschiedlich und können kaum verglichen werden, aber das Fehlen einer Vaterfigur fühlt sich sehr ähnlich an und es ist ein elementarer Mangel, nicht nur in meiner Familie.

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Notburga bei mir in Berlin, Anfang der 90er

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In Los Castores. Anfang der 90er Jahre

1993. Vier Wochen bleiben wir in Venezuela. Wir wohnen bei Notburga und Johannes in Los Castores, einer bewachten Wohnanlage, wo auch andere Familienmitglieder zu Hause sind. Auch Ingrid, die in der Nähe wohnt, treffe ich hier wieder. Neben Merida in den Anden, lernen wir Prado Largo kennen, dort hat die Familie seit langem Urlaub gemacht. Wir wohnen bei Notburgas Schwester Titti und ihrem Mann Diethard. Klimamäßig komme ich mir vor wie im Dschungel. An die 40° bei hoher Luftfeutigkeit sind nicht so mein Wohlfühlwetter. Danach verbringen wir noch eine Woche auf der Karibikinsel Margarita, mit Seebrise und Baden im Atlantik fühle ich mich dort besser aufgehoben. Wir wohnen in einer Ferienwohnung, die der kleinen Notburga und ihrem Mann gehört.

Um 22 Uhr am 3. Dezember 1993 soll unser Rückflug vom Maiquetia-Flughafen abheben. Nach einer tränenreichen Verabschiedung stellen wir fest, dass unser Flug erhebliche Verspätung hat. Erst morgens um 1.30h können wir die Lufthansa-Maschine besteigen. Wir erfahren, dass die Witwe des Drogenbosses Pablo Escobar mit dem gleichen Clipper aus Frankfurt zurückgeflogen ist, nachdem sie vergeblich in Deutschland um Asyl gebeten hat. Escobar wurde am Vortag von einem Elite-Kommando in Medellin erschossen. Deutsche Geheimdienstler haben die Maschine und das Gepäck stundenlang durchgecheckt, weil sie einen Racheanschlag befüchteten. An Bord zeigt sich die Lufthansa großzügig mit den alkoholischen Getränken, meine 70jährige Mutter, die eigentlich Flugangst hat, schläft bald seelig. Ich kann nicht schlafen. Ich denke über Wolfgang und Notburga nach, über den Krieg und seine Folgen, die für Generationen nachwirken. Ich denke an die Verletzungen, die Schuld, die Vertreibung und das Schweigen, dass in so vielen Familien herrscht und das auch die Kinder stumm macht. Ein Lied kommt mir in den Sinn, ich habe es seit der Kindheit nicht mehr gehört. Notburga hat es mir damals vorgespielt. Pete Seeger hat es geschrieben, Marlene Dietrich hat es in Deutschland bekannt gemacht.

Sag mir wo die Blumen sind
Wo sind sie geblieben
Sag mir wo die Blumen sind
Was ist gescheh’n
Sag mir wo die Blumen sind
Mädchen pflückten sie geschwind
Wann wird man je verstehn
Wann wird man je verstehn

Image Venezuela 1959

Die große Notburga stirbt am 20. Dezember 1995 an einem Lungenemphysem und einer Lungenentzündung. Meine Mutter erliegt am 15. Mai 2005 einem Krebs, der ihre Lunge befallen hatte. Beide haben viel und gern geraucht.

Die “kleine” Notburga lebt heute mit ihrem Mann im Taunus, nachdem sie fast ein Leben lang für Fluglinien wie die venezolanische Viasa gearbeitet hat. Ingrid wohnt in der Nähe von Caracas, genau wie ihr Bruder, Johannes W. Kluge, der am 17. Oktober 2009 geheiratet hat.

Ich danke Johannes für seine Unterstützung, seine Hinweise und sein Gedächtnis, ohne ihn hätte ich diese Geschichte nicht aufschreiben können.

Marcus Kluge

Der erste Teil:

Familienportrait Teil 23 – “Hitlerjunge, Weltenbummel und Clipper Club Caracas” / Die Ballade von Wolfgang und Notburga / Kapitel 1 / 1930-52

Der zweite Teil:

Familienportrait Teil 24 – “Siebenbürgen, Curare und erneute Vertreibung” / Die Ballade von Wolfgang und Notburga / Kapitel 2 / 1931-61

Mein erstes Buch könnt Ihr hier bestellen:

marcusklugeberlin@yahoo.de

Familienportrait Teil 24 – “Siebenbürgen, Curare und erneute Vertreibung” / Die Ballade von Wolfgang und Notburga / Kapitel 2 / 1931-61

In 3000 Metern Höhe laufe ich nachts bei dichtem Nebel, auf einer Pass-Straße in den Anden, vor dem Jeep, den mein Cousin Johannes steuert. Es ist 1993 und Johannes ist der einzige noch lebende Kluge, außer mir. Deshalb habe ich ihn in Venezuela besucht und ich wollte seine Mutter wiedersehen, Notburga, die ich 1961 kennenlernte, als sie zu uns nach West-Berlin kam, um bei uns zu wohnen. Heute haben wir uns etwas mit der Zeit verschätzt, Johannes hatte wohl auch vor, mit mir ein kleines Abenteuer zu erleben. Dass es so abenteuerlich wird, hat er nicht erwartet.

Ich weiß nicht wie lange ich vor dem Wagen laufend den Weg erkundschaften musste, es war lange und wir sind kaum vorwärts gekommen. Ich bin jedenfalls froh, als die Sicht minimal besser wird und ich wieder einsteigen kann. Müde sind wir nicht, unsere Nebennieren haben reichlich Stesshormone produziert und ich bitte Johannes mir weiter von seinen Eltern zu erzählen.

Auch Notburga hat einen weiten Weg hinter sich, als sie 1952 Wolfgang trifft. Notburgas Vater, Hans Baumgartner, kam aus Siebenbürgen. Während des Medizin-Studiums in Bonn lernt er seine Frau kennen, sie heiraten 1931. Dann ziehen sie nach Rumänien, dort wird bald danach Notburga geboren. Drei weitere Geschwister folgen bis 1941. Dr. Baumgartner, der hier Janos genannt wird, praktiziert als Bezirksarzt in dem von vielen Kulturen geprägten Landstrich. 1939 wird er als Hauptmann zur rumänischen Kavallerie eingezogen wird. Im Lauf des Krieges werden die Militärärzte mehrfach degradiert, Rumänien kann sich den Sold nicht leisten.

Die letzten Kriegsjahre ist Hans verschollen. Die Restfamilie muss Siebenbürgen verlassen, als die Russen näherrücken. Die Mutter läuft mit den vier Kindern zu Fuß nach Deutschland.

Sie haben viel Glück, sie treffen sich wieder. Eine Weile praktiziert Dr. Baumgartner als Dorfarzt im österreichischen Ach an der Salzach, auch aus dem deutschen Burghausen kommen Patienten. Aber als Staatenlose, nur mit Nansen-Pässen versehen, können sie nicht bleiben.

Kofferanhänger der Emigranten-Familie

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Notburgas Eltern entschliessen sich nach Venezuela auszuwandern, dort kann der Doktor seinen Beruf ausüben. Er wird Venezuelas erster Indianerarzt. Dr. Baumgartner lebt eine Zeitlang mit seiner Familie bei den Ureinwohnern Venezuelas in Dschungel. Er wird eine hoch respektierte Persönlichkeit und gehört später zu den wenigen Weißen, dem die Indianer Curare anvertrauen. Das berühmte Pfeilgift lähmt die Muskulatur, der Tod tritt durch Herzstillstand ein. Trotzdem kann man das erjagte Wild bedenkenlos essen, da Curare nur über die Blutbahn giftig ist. In den 50er Jahren wird Dr. Baumgartner Curare an Schering in Berlin verkaufen. Ein willkommener Geldsegen nach den vielen Jahren der materiellen Entbehrung.

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Dr. Baumgartner bei seinen Patienten

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Frau Baumgartner mit Ureinwohnern

Notburga heiratet 1950 und bekommt ein Jahr später eine Tochter, die sie auch Notburga nennt. In der Familie haben wir deshalb die Mutter, die “große” und die Tochter die “kleine” Notburga genannt. 1952 wird eine zweite Tochter geboren, Ingrid. Notburga hat als Kind zweimal die Heimat verloren, dann wird sie als Teenager in den Dschungel geschickt. Die frühe Ehe sollte ihr wohl Halt und Sicherheit geben. Das Gegenteil passiert, die Ehe scheitert. Als die große Notburga Wolfgang kennenlernt, verlieben sich die beiden. Wolfgang gibt Notburga endlich Halt, er übernimmt auch Verantwortung für sie und die Töchter. Bis zu seinen Tode wird Wolfgang für die Familie sorgen.

Sie ziehen zusammen und Wolfgang wird Büroangestellter bei der Pan Am. Nach ein paar Jahren wird Wolfgang sogar regional cargo manager für die Fluglinie, eine bemerkenswerte Karriere für den ehemaligen Kellner und Bauarbeiter. Wolfgang ist ehrgeizig, er will sich hocharbeiten, er glaubt an den amerikanischen Traum und erreicht auch viel, besonders wenn man bedenkt wie steinig seine Lehrjahre waren. Er ist nicht nur hochintelligent, er hat eine sympathische Ausstrahlung, sodass er fast jedermann in kürzester Zeit von sich einzunehmen weiß. Sein großes Ziel ist es aber, sich irgendwann selbständig zu machen und finanziell unabhängig zu sein. Zunächst ist die Familie zufrieden, es geht aufwärts und ein Ende des Aufstiegs ist nicht abzusehen. Wolfgang ist fleißig, er schont sich nicht und Notburga unterstützt ihn dabei.

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Wolfgang, Notburga, die Töchter und Oma Baumgartner im Urwald

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Wolfgang bei seinem Hobby

Nachdem 1958 der Diktator Marcos Pérez Jiménez gestürzt wird, sind Ausländer nicht mehr gern gesehen. Jiménez hat die Immigration gefördert, die Einwanderer sind meist besser gebildet als die Alteingesessenen, es geht ihnen materiell gut, so werden sie zum Ziel des Volkszorns. Die kleine Notburga und Ingrid werden auf dem Schulweg angepöbelt, es ist nicht auszuschließen, dass es noch schlimmer kommt. Also entscheiden Wolfgang und die große Notburga nach Deutschland zu gehen. Leicht fällt ihnen die Entscheidung nicht, Wolfgang wollte eigentlich nicht zurück in das Land, das ihm seine Jugend nahm und für Notburga ist es ein fremdes Land.

1993. Der Nebel lässt endlich nach und wir nähern uns Merida. Als wir ins Ferienhaus zurückkommen, stellen wir fest, dass Notburga während wir auf der nebligen Passstraße unterwegs waren, krank geworden ist. Sie hat hohes Fieber bekommen, offensichtlich hat sie sich sehr um Johannes ihren Sohn und auch mich geängstigt. Nachdem sie viel zu früh ihren Mann Wolfgang verloren hat, macht sie sich nicht nur große Sorgen um Johannes, so etwas wie eine latente posttraumatische Belastungsstörung hat von ihr Besitz ergriffen. Als sie uns heil zurückkehren sieht, geht es ihr langsam besser.

M.K.

Fortsetzung folgt

Alle bisher veröffentlichten Folgen sind hier verlinkt:

„Familienportrait” – Die Serie

XANADU- Buch: Die Songs

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“Xanadu ’73″ist auch ein Buch über Musik, Rock-Musik, genauer gesagt. In jedem der 12 Kapitel gibt es einen Song, der eine Rolle spielt. Manche verstecken sich im Text, andere werden sogar zitiert. Am besten sind die Rolling Stones vertreten, 3 Stücke steuern sie bei. Daneben finden sich Musiker wie die Beatles, Neil Young, der frühe Rockstar Johann Strauss oder die Rock-Geschichten-Erzähler Dr. Hook and the Medicine Show.

Am liebsten hätte ich für die Crowd eine Art “Mix-Tape” auf CDs gebrannt, aber die GEMA-Strafe würde mich ruinieren. Aber die Unterstützer des Buch-Projektes können sich nun anhand dieser Liste selbst was zusammenstellen, um sich die Wartezeit auf das Buch zu verkürzen und sich schon mal darauf einstimmen. Viel Spaß beim Musik hören, tanzen und mitsingen.

Falls ihr unser Projekt noch nicht unterstützt habt, hier könnt ihr Bücher, T-Shirts, Fanzines und Drucke bestellen.
https://www.startnext.com/xanadu-west-berlin-buch

Die Liste:

Kapitel 1 “The Legend of Xanadu” – Dave Dee & Co

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(Lithografie von Josef Kriehuber, 1853)

K.2 “2001 Soundtrack: An der schönen blauen Donau” – Johann Strauss

Pink Floyd, Earls Court, 1973

K.3 “Set the Controls for the Heart of the Sun” – Pink Floyd

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K. 4 “Sylvia’s Mother” – Dr. Hook & the Medicine-Show

K. 5 “Pledging my Time” – Bob Dylan

K.6 “The Needle and the Damage Done” – Neil Young

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K. 7 “Downtown” – Petula Clark

K. 8 “Cold Turkey” – Plastic Ono Band / John Lennon

K. 9 “With a Little Help from my Friends” – Beatles

K. 10 “The Spider and the Fly”- Rolling Stones

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K. 11 “Ich sprenge alle Ketten” – Ricky Shayne

K. 12 “Dead Flowers / Moonlight Mile” – Rolling Stones

Familienportrait Teil 23 – “Hitlerjunge, Weltenbummel und Clipper Club Caracas” / Die Ballade von Wolfgang und Notburga / Kapitel 1 / 1930-52

(Oben: Wolfgang Kluge als Steward im Clipper Club Caracas)

Im ersten Kapitel finde ich mich nachts auf einer nebligen Pass-Straße in den Anden. Hier erfahre ich, wie ein Berliner Steppke, mein Cousin Wolfgang, in den 1950er Jahren nach Südamerika gekommen ist.

Ich reise nicht gern und das hat seine Gründe. Zum einen hasse ich es, in meinem Bewegungsdrang eingeschränkt zu werden, denn nach dem chinesischen Sternzeichenkreis bin ich Pferd und muss Auslauf haben. Ein paar Stunden im Zug ertrage ich noch, im Flugzeug bekomme ich Zustände und auf den schwankenden Planken eines Schiffs habe ich mich nie wohl gefühlt. Zum anderen schlafe ich in der Fremde schlecht. Daher reise ich selten, doch manchmal muss es eben sein. So besuche ich 1993 zusammen mit meiner Mutter meine Cousine Notburga Kluge und ihren Sohn Johannes in Venezuela. Ihr Mann, Wolfgang Kluge, lebte zu dieser Zeit leider nicht mehr. Nach ein paar Tagen zur Akklimatisierung fliegen wir in die hübsche, kleine Universitätsstadt Merida, die sich auf 1600 Meter in Tallage ins Andenhochland schmiegt. Notburgas Bruder Walter hat dort ein Ferienhaus mit spektakulärem Blick auf den höchsten Berg Venezuelas, den Pico Bolivar der sich 4981 Meter über den Meeresspiegel erhebt. Wir lassen uns mit dem Hauswart, Ricardito fotografieren. Die Venezolaner nennen Johannes und mich “Wikingos”, Wikinger, weil wir groß und blond sind.

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“Los wikingos” und Ricardito in Merida

Eines Tages beschließt Johannes mit mir auf den höchsten Pass des Landes zu fahren, dem Pico el Aguila, auf dem in 4000 Metern Höhe Vegetation und Luft knapp werden. Nach abenteuerlicher Fahrt über unzählige Haarnadelkurven, neben denen ein freier Fall ins Tal droht, erreichen wir gegen 17 Uhr die Passhöhe, ich bin erstaunt wie schwer mir das Atem holen fällt.

Da es früh dämmert, treten wir bald die Rückkehr an. Hier in Äquatornähe kommt die Dunkelheit schnell und immer pünktlich gegen halb sieben. Als es dunkel wird, haben wir erst wenige der 75 km zurück ins Tal geschafft. Dazu bildet sich ein dichter Nebel, der Jeep hat Nebelscheinwerfer, nur nutzen sie nichts, mit ihnen beträgt die Sicht 2 bis 3 Meter, ohne Licht 5 bis 10, allerdings sehr vage Meter. Nur mit Schritttempo vermeidet Johannes den Absturz.

Ich überlege wieso meine Verwandten ausgerechnet nach Venezuela gekommen sind? Ich denke an den Vater von Johannes, meinen Cousin Wolfgang Kluge, der im Gegensatz zu mir, soviel und so gern reiste, dass sein Pass aus den Nähten platzte. Ich weiß das Wolfgang Anfang der 50er Jahre, nachdem er einige Zeit zur See fuhr, hier in Venezuela landete und dann seine Frau kennenlernte. Viel mehr weiß ich nicht, also bitte ich Johannes mir die Geschichte zu erzählen, während wir Kilometer für Kilometer die Passstraße abwärts schleichen.

“Wolfgang wird 1930 geboren, seine Mutter Frieda muss recht wenig mütterlich gewesen sein und sein Vater, Willy Kluge stirbt als Wolfgang 11 ist. Nun wird die Hitler-Jugend zum Elternersatz für ihn. Die Wanderungen und Ausflüge gefallen ihm, sogar Ski fahren lernt er. Außerdem bringt man den Jungen das Schießen bei.

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Wolfgang in der HJ

Im Januar 1945 wird der 14-jährige aus der Schule geholt. Man steckt ihn in schlecht sitzende Uniformstücke unterschiedlicher Truppenteile und rüstet ihn mit einem K98-Karabiner und einem Drahtesel aus. Beides klapprig und verrostet, eine einzige fabrikneue Panzerfaust ergänzt die Ausrüstung.

Zum Ende des Krieges sitzt er mit seiner Einheit in Bayern, an einem der ebenso schönen wie berühmten Seen. Auf der anderen Seeseite nähert sich eine Kolonne wuchtiger, amerikanischer Sherman-Tanks, die die jungen Burschen unter Aufopferung ihrer Leben, für Führer und Vaterland, in ihrem Fortkommen behindern sollen, wenn möglich bis zum Endsieg.

Ihr Kommandeur, ein älterer SS-Offizier, lässt sie antreten und befiehlt ihnen kurz und schneidig, ihre gesamten Waffen im See zu versenken. Das haben die Rotznasen auch sofort getan, wahrscheinlich haben sie vermutet, nun bekämen sie die von der Propaganda beschworenen Wunderwaffen ausgehändigt. Daraus wird nichts, der Offizier befiehlt ihnen, sich aus dem Staub zu machen, sich Zivilklamotten zu besorgen und dann nach Hause zu laufen. Am liebsten hätten die Jungs den Vaterlandsverräter auf der Stelle erschossen, aber ihre Waffen lagen ja nun auf dem Grund des Sees und der Kommandierende hatte noch seine MP…

Also haben sie sich aufgemacht und bald danach einen alten Opel “organisiert”. Damit kamen sie der Heimat einige wenige Kilometer näher, doch dann werden sie von G.I.s aufgegabelt und wegen Diebstahls vor Gericht gestellt. Das Verfahren ist kurz: “Uieh haissn daine Faddör? Uieh haissn daine Muddör? Four Days!!!” Als sie nach vier Tagen aus dem Knast kommen (sie wären gerne etwas länger geblieben, denn da hatten sie wenigstens etwas zu Essen bekommen) sehen sie “ihren” Opel schon in flottem Olivgrün und mit weißem Stern im Hof stehen.

Als Wolfgang endlich in Berlin ankommt erfährt er, seine Mutter ist mit dem Stiefvater nach Belgien gezogen. In Hamburg stecken ihn die Briten wieder ins Kittchen, das Gute daran ist, hier trifft er seinen zwei Jahre älteren Bruder Ino. Die Engländer begreifen schnell, dass die beiden keine großen Kriegsverbrecher waren und lassen sie laufen.

Für die Jungen, deren ganzes Leben von der Propaganda der Nazi-Diktatur begleitet wurde, ist der Zusammenbruch Nazi-Deutschlands traumatisch. Jetzt erweist sich, dass alles woran sie geglaubt haben Lügen waren. Eine ganze Generation wacht auf und findet sich in einem Alptraum von Zerstörung und Schuld wieder. Die meisten lernen zu verdrängen. Wolfgang ist nicht bereit zu vergessen, wahrscheinlich kann er es nicht. Während die Mehrheit der Deutschen sich bald mit dem sogenannten Wirtschaftswunder betäubt und alte Nazis auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs Karriere machen, als sei nichts geschehen, will Wolfgang auf Abstand zum schwierigen Vaterland gehen. Bei der kühlen, zänkischen Mutter in Belgien möchte er auch nicht bleiben.

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Wolfgang als Reiseagent in Belgien

Nachdem er zwei Jahre für eine auf Flugreisen spezialisierte Reiseagentur gearbeitet hat verlässt Europa, zusammen mit seinem Bruder Ino lässt er sich um die Welt treiben. Die Brüder nehmen fast jeden Job an, zeitweise treten sie sogar als Step-Tänzer auf. Ihr eigentlicher Plan ist es, nach Südafrika auszuwandern. Sie heuern auf Schiffen an. Sie sehen Bombay, durchqueren als Matrosen auf einem Tanker den Persischen Golf, dann wechseln sie auf einen norwegischen Frachter. 1951 landen sie in Caracas, der Hauptstadt von Venezuela. Hier ist es immer warm, die Menschen sind freundlich, niemand stört sich daran, dass Wolfgang Deutscher ist. Venezuela gefällt ihm gut, es wird sein neues Heimatland werden.

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Bauarbeiter in Venezuela

Zunächst schuftet er auf dem Bau, dann hat er die Möglichkeit als Steward im exklusiven Clipper-Club von Pan American Airways in Caracas zu arbeiten. Im Vergleich zum zerstörten Deutschland muss es dort traumhaft gewesen sein. Die Clipper Clubs waren luxuriöse Lounges der legendären Fluglinie, die anfangs nur auf Empfehlung und später auch gegen eine saftige Gebühr ihre Türen öffneten. Zu dieser Zeit, Anfang der 50er Jahre lernt Wolfgang seine spätere Frau, Notburga, kennen.”

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Als Steward im Clipper Club

1993. Der Nebel auf der schmalen, kurvigen Passstraße in den Anden wird immer dicker. Johannes bleibt stehen, er sieht die Straße nicht mehr und ohne jede Sicherung droht direkt neben dem Straßenrand der Absturz ins tausende Meter tiefere Tal. Ich steige aus und laufe vor dem Jeep, damit Johannes wenigstens langsam weiter fahren kann.

Fortsetzung folgt.

Alle Folgen der Serie findet ihr hier:

http://wp.me/P3UMZB-1

Familienportrait Teil 13 – “Spaghetti um halb eins” / 1958-62

In memoriam Günter Grass (1927-2015) Der Trommler ist tot!

Familienportrait Teil 22 – “Große Liebe, Blei-Streu-Straße, WG und Tolstefanz” / 1973-74

Image Gesehen habe ich Ilona zum ersten Mal im Cafe Bleibtreu in der Blei-Streu-Straße, wie sie damals genannt wurde. Am 27. Juni 1970 gibt es eine spektakuläre Schießerei zwischen der Bande von Kiez-König Klaus Speer und einer konkurrierenden iranischen Gangstergruppierung. Streitpunkt war die lukrative Vorherrschaft in der Bordellszene. Der Schusswechsel, in der seitdem Blei-Streu-Straße genannten Nebenstraße des Kudamms, kostete ein Todesopfer und drei Verletzte. Speer gilt als Gewinner der Auseinandersetzung, er wird wegen “Raufhandels” und unbefugten Waffenbesitzes zu milden 27 Monaten Haft verurteilt. Jahrzehnte später legen Stasi-Akten nahe, dass Speer die Stararchitektin Kressmann-Zschach ermorden lassen wollte, weil sie mit dem Steglitzer Kreisel pleite zu gehen drohte und Speers Kumpan, der Bordellchef Helmke mit drei Millionen beteiligt war. Speer bekommt ein Dauervisum für die DDR, macht mit Schalck-Golodkowski Geschäfte und gründet, nach dem Knastaufenthalt, eine Boxschule. Er fördert unter anderem die Karriere von Graziano Rocchigiano. Eine typische West-Berliner Biografie.

Ich sitze oft im Café Bleibtreu, Ilona auch, ihre Freundin arbeitet hinterm Tresen. Ilona selbst jobbt bei Dralle in seiner Teestube in der Pfalzburger Straße am Ludwig-Kirchplatz, nebenbei modelt sie ein bißchen. Sie erzählt, dass sie bei Claudia Skoda läuft, die ihre Strickmode in ihrem Loft in der Zossener Straße präsentiert. Bei der Modenschau schleiche ich mich ein, mit amerikanischem Schrauber-Overall und Kamera, gebe ich mich als DPA-Reporter aus. Ich flirte mit Ilona, kann aber nicht mit ihr reden. Das ganze Loft, auch der Fussboden ist mit Fotos tapeziert und mit Klarlack fixiert.

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Als ich Ilona bei Wassily, dem russischen Schauspieler, in der Kantstraße wiedertreffe, bin ich schon bis über beide Ohren in sie verliebt. Ich lade sie zum Essen ein, die Zuneigung ist gegenseitig, schnell werden wir ein Paar. Wir ziehen in eine Zehn-Zimmerwohnung, eine WG in der Schlüterstraße. Zwei Häuser weiter im Haus 39 wird ein paar Jahre später Zitty seine Redaktionsräume haben. 1974 ist die Gegend noch billig, viele Studenten wohnen hier. Es wird der erste Kiez in Berlin sein, an dem ich das Phänomen Gentrifizierung beobachten kann.Wir arbeiten im Ur-Tolstefanz in der Sächsischen Straße. Sie hinterm Tresen, ich als DJ. Es ist die Ära des Philly-Sound. Der Spiegel hat gerade in einer Titelstory behauptet, Philly-Sound wird zur Musik der 70er, wie Rock in den 50ern und Beat in den 60ern. Zu einer Hälfte spiele ich schwarze Musik, zur anderen Rock. Eine Mischung, die zu etwas heftigen Stimmungswechseln führt. Der Geschäftsführer, ein Mann mit Schnäuzer, von dem ich morgens 60 oder 70 Mark in die Hand gedrückt bekomme, hat das Sagen. Er hat die Theorie, man müsse die Tänzer ab und zu von der Tanzfläche holen, damit sie sich Drinks kaufen. Wie Wirte so denken.

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Zum Sonnenaufgang gehen wir ins Borriquito um die Energie der Nacht loszuwerden, auschillen würde man heute sagen. Ilona ist Spanienfan, sie isst Conejo, ich Tintenfisch.

Wenn wir nicht arbeiten, gehen wir ins Filmkunst 66 in die Spätvorstellung. Da laufen immer tolle Filme, an ein Festival mit Melodramen kann ich mich gut erinnern. Unser Lieblingsfilm ist natürlich Cabaret, Ilona hat durchaus etwas von einer Sally Bowles. Unter der S-Bahnbrücke schreien wir, drücken und küssen uns, bis die glotzenden Passanten zu sehr nerven und wir weitergehen, um Mark-Pizza zu essen oder in der Knesebeckstraße Billiard zu spielen.

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Ein halbes Jahr sind wir sehr glücklich. In der WG feiern wir Heiligabend, die erste weihnachtliche Feuerzangenbowle, der noch viele folgen werden, nur in anderen Räumen mit anderen Menschen. Vorn wohnt ein Schlagersänger, sein Raum hat eine kleine Bühne. Vorher war ein Bordell in der Wohnung, 200qm für 1500.-. Ganz hinten wohnt Schilys geschiedene Frau Christine mit ihrer sechsjährigenTochter Jenny.

Einmal im Monat kommt Schily selbst, stiefelt in schickem dreiteiligen Anzug übers Parkett. Entweder er hat Glück mit seiner Konfektionsgröße oder er trägt damals schon Masskleidung. Seine Krawatten sind geschmackvoll, die Schuhe blankgeputzt, er trägt gedeckte Farben, oft mit Nadelstreifen. Otto läßt Geld da und schärft uns anderen Bewohnern ein, wir sollen aufpassen, dass seine Ex nur das leichte “Homegrown” raucht. Das kaum wirkende Gras steht in einem Marmeladenglas in der Küche und wird nie weniger, entweder niemand nimmt davon oder die Heinzelmännchen füllen es immer wieder auf. Obwohl seine Ex es sich verbeten hat, muss Otto sich immer einmischen und er ist ein ziemlicher Besserwisser. Er hält unsere WG fälschlicherweise für eine Art Kommune, die ihre Grundwiedersprüche in langen Diskussionen löst. Unsere Versuche, seinen Irrtum aufzuklären sind erfolglos, er erweist sich als beratungsresistent.

Das Tolstefanz soll schließen. Angeblich hat man ein oder zwei Dealer erwischt, außerdem stand im Stern, hier würden RAF-Leute verkehren. Ich habe nie welche gesehen, nur einmal hat eine ungeschickte Zivi-Frau mich anwerben wollen. Vielleicht war sie auch von der Stasi, das wußte man ja nie genau damals. Sie war Anfang 30, ein bißchen zu bürgerlich angezogen und behauptete Beziehungen in den Untergrund zu haben. Der bewaffnete Kampf der RAF hatte nie meine Sympathie und das erklärte ich ihr.

Es gibt eine rauschende Abschiedsparty im Tolstefanz. Alle Stammgäste lassen noch einmal die Sau raus. Dietmar Kracht, Star des Praunheim-Films “Die Berliner Bettwurst” und exhibitionistischer Selbstdarsteller demonstriert, dass man Joints auch mit dem Gesäß rauchen kann. Es sind wilde Zeiten.

Dann leben wir uns auseinander. Ich bin arbeitslos, habe kaum Geld. Ilona verdient gut in einem Kneipenjob, fliegt nach London, entdeckt die Rocky Horror Show und kauft bei BIBA trendige Klamotten im Art-Deco Stil. Mir geht es nicht gut, ich habe abgenommen, merke, dass sie mir entgleitet. Sie bringt mir auch was mit, aber sie ist auf dem Sprung.

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Der Abend nach London, sie hat mir ein BIBA-Shirt mitgebracht.

Ilona will unbedingt in den Süden. Schließlich trennen wir uns. Sie geht nach Ibiza, ich erkenne sie auf einem Foto im Stern. Sie posiert mit anderen hübschen Mädchen auf einem schnellen Motorboot und hat offensichtlich viel Spass.

Image Das Stern-Foto

Ein halbes Jahr später treffe ich sie in der Bleibtreustraße, sie ist wieder in Berlin und arbeitet als Nanny bei Jürgen Barz, dem Benjamin von Insterburg und Co. Ich besuche sie in der Xantener Straße, Jürgen, der nicht da ist, hat einen Videorekorder. Ich bin begeistert, so etwas wünsche ich mir schon seit 1965. Damals sah ich in der Micky Maus den Prototyp eines solchen Heimgeräts, 20 000 $ sollte das Teil damals kosten. Wir kucken “The Pink Panther”, Ilona erzählt von ihrer Enttäuschung auf Ibiza.

Ein Jahr später fliegt sie wieder auf die Insel, diesmal läuft es besser. Sie bleibt und lebt immer noch dort, als wir uns in den 90ern auf der Funkausstellung wiedersehen. Dort laufen wir uns alle zwei Jahre über den Weg. Sie macht Promotion für “Filmbrillen” oder was immer ihr der Messe-Service vermittelt. Mit diesen regelmäßigen Jobs in Deutschland sichert sie sich zumindest eine kleine Rente. Ich produziere Fernsehsendungen für den Offenen Kanal Berlin und gehe in dieser Aufgabe ziemlich auf. Zwischendurch esse ich mich durch die VIP-Lounges. Mein Herz macht jedesmal einen Sprung, wenn ich sie sehe. Doch wir leben in unterschiedlichen Welten und haben uns wenig zu sagen.

M.K.

Bleistreustraßen-Krimi:
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010/07/20/a0140

Alle bisher veröffentlichten Folgen findet ihr hier:

„Familienportrait” – Die Serie

Editorial – “Information Wiederbeschaffung” / Interview mit Marcus Kluge / aus “Achte Reise zur Blechluft”

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Anfang dieses Jahres bat mich Günter Sahler um ein Interview. Für “Achte Reise zur Blechluft” befragte er mich zu meinem Blog und der Entstehung meines ersten Romans. Das schön illustrierte Buch erschien kürzlich, nun dokumentiere ich das Gespräch für die Leserinnen und Leser meines Blogs.

Neben Interviews von Autoren, Musikern, Graphic Novel-Machern und Fotografen führt eine fiktive Rahmenhandlung in die Geschichten der portraitierten Künstler. Sahlers Protagonist Gierlich reist in einer Art Punk Fantasy in die realen oder erfundenen Welten seiner Interview-Partner. Beispielsweise fährt Gierlich mit einem beigefarbenen Citroen DS direkt in die Handlung meines Xanadu-Romans. Er besucht die Galerie Puvogel in der Schlüterstraße des Jahres 1973, lernt meinen Helden Beaky kennen und versucht die im Roman wichtige Watteau-Kopie zu kaufen. Offenbar hat er ein Geheimnis über das Gemälde erfahren, dass noch nicht einmal ich, der das Bild erfunden hat, kennt. Er lässt erst von seinem Vorhaben ab, als er begreift, dass der Watteau noch für meinen Roman gebraucht wird.

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Das Interview:

Günter Sahler: In den 80er Jahren hast Du das Fanzine „Assasin“ gemacht und warst auch in der Berliner Musikszene aktiv. Als damaliger Fanzine- und Kassettenmacher dürftest Du mit Deinen Erfahrungen mit Druckereien und Selbstvertrieb beim heutigen Selfpublishing Vorteile haben. Wie siehst Du das?

Marcus Kluge: Was wir damals mit Fanzines und Kassetten probiert haben, entstand aus dem Bedürfnis sich selbst auszudrücken und eine Art Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Foto-Kopieren, drucken, Kassetten kopieren und alles in West-Berlin zu verteilen, war natürlich viel aufwändiger als heutige Distributionsformen wie das Internet. Über Berlin hinaus lief ja alles über die Post. Da ist das Internet traumhaft im Vergleich. Wichtigste Erfahrung, war: das Selbermachen und somit die Kontrolle zu behalten. Deshalb haben wir uns auch für eine kleine Berliner Druckerei entschieden und gegen eine Internet-Firma, jetzt beim ersten Buch. Vertreiben werde ich das Buch auch wieder selbst, übers Netz und hier in Berlin.

G.S.: Im Herbst 2013 hast mit dem Bloggen von Familiengeschichten angefangen. Wie hat sich das ergeben und wie bist Du dann dazu gekommen mit deinem ersten Roman zu starten?

M.K.: Nachdem ich fast 20 Jahre für die Medienanstalt Berlin-Brandenburg gearbeitet habe und dort die Fernsehprojekte von Laien produziert hatte, war mir meine Kreativität verloren gegangen. Selbst als ich Rentner wurde, gelang es mir nicht mehr eigene Texte zu schreiben. Es war eine handfeste Schreibblockade und ich beschloss einen Umweg zu gehen. Ich gründete die “Blinden Passagiere”, eine Selbsthilfegruppe, in der ich mit traumatisch belasteten Menschen gearbeitet habe. Ich wollte den Fokus nicht nur auf mich, sondern auch auf andere richten und das hat wohl funktioniert. Ostern 2013 bin in den Keller gegangen und kam mit einer Kiste voller Fotos, Briefe und Dokumente zurück. Ich war fasziniert von den Geschichten, die ich da fand und habe kurz danach angefangen diese aufzuschreiben. Sicher hat auch eine Rolle gespielt, dass ich im Sommer 2013 Opa wurde. Eine Freundin empfahl mir ein Blog zu machen, ab dem 13. September 2013 habe ich auf wordpress “Familienportraits” veröffentlicht. In den ersten sechs Monaten wurde 12 000 mal auf Beiträge zugegriffen, eine Reichweite höher, als die Auflage von acht Assasin-Heften. Besonders die Stücke über West-Berlin kamen gut an, weshalb ich die Rubriken Berlinische Leben und Berlinische Räume eröffnet habe. Die “Leben” berichten hauptsächlich biografisch über Berliner und die “Räume” fokussieren auf Institutionen, Klubs und allgemein die Wohnsituation in der Mauerstadt. Zusätzlich habe ich auch Gastautoren gebeten über diese Themen zu schreiben, um den Blickwinkel zu erweitern. Ich möchte möglichst viel aus diesen Jahren dokumentieren, bevor die Zeitzeugen nicht mehr da sind. Siegfried Cracauer hat mal über den Film gesagt, er könne ein Stück Realität für die Nachwelt retten. Soetwas versuche ich mit den Mitteln des Internets, ob es mir gelingt müssen andere entscheiden.

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G.S.: In Geschichte „Die Legende von Xanadu“ geht es um den Heroinsüchtigen Beaky. Handlungszeitraum sind die 70er Jahre. Was wird auf dem Klappentext des Buchs stehen?

M.K.: Was auf dem Klappentext stehen wird, verrate ich noch nicht, aber ich erzähle worum es geht. In den 70er Jahren starb ein ehemaliger Schulfreund an einer Heroinüberdosis und schon damals wollte ich darüber schreiben und habe recherchiert. Doch ich merkte, mir fehlte einfach das Handwerkszeug, das Leben von Beaky in seiner Komplexität darzustellen, ihm gerecht zu werden. Erst 35 Jahre später, Anfang 2014, schrieb ich einen kleinen Text über ein Pink Floyd Konzert 1970, bei dem Beaky vorkam und mir fiel sein kurzes, heftiges Leben wieder ein. Also beschloss ich, sein Leben in drei oder vier Kapiteln zu erzählen, an einen Roman hätte ich mich nicht herangetraut. Erst nach und nach gab ich Beaky mehr Raum und schließlich hatte ich einen kleinen Roman von ca. 140 Druckseiten fertig, zu meinem eigenen, größten Erstaunen. Ich hatte mir das nicht zugetraut. “Xanadu” ist eine Erinnerung an das West-Berlin der frühen 1970er Jahre, Liebe, Rausch und Rock’n’Roll sind die Themen. Es war mir auch wichtig, eine Art “Gegendarstellung” zu “Wir Kinder von Bahnhof Zoo” zu schreiben, ohne diese spekulative Gossenromantik des Bestsellers, der wahrscheinlich mehr Leute zum Heroin gebracht hat, als davor abgeschreckt. Mein Gegenentwurf ist Beaky, der aus einer bürgerlichen Familie kommt, der gebildet ist, Thomas Mann liest und den trotzdem eine Leere und Verlorenheit zu den Drogen treibt und dessen scheinbar dramatischer Tod in Wirklichkeit ein banaler Unfall ist.

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G.S.: Die Geschichten orientieren sich an der Wirklichkeit und Du schreibst über Dinge aus Deinem Erfahrungsraum. Wie sammelst Du darüber hinaus Material und wie recherchierst Du?

M.K.: Im Wesentlichen hielt ich mich an die goldene Regel und schrieb über das, was ich kenne. Ich habe ein merkwürdig ausuferndes Gedächtnis, besonders an Dinge, die keinen besonderen Nutzen oder Sinn haben, erinnere ich mich perfekt, egal wie lange das Erlebte her ist. Und wen ich mich hinsetze und zu schreiben anfange, setzt das einen zusätzlichen Prozess in Gang und die Erinnerung wird tiefer, komplexer. Mit Ausnahme der Romane schreibe ich Wirklichkeit auf, ohne sie zu verändern. Bis auf die “Erfindung”, die der Prozess der Erinnerung und des Bewusstseins, an sich eben darstellt. Erst mit dem Xanadu-Roman fließt auch fiktives ein, doch das Meiste ist nicht erfunden, ich ordne und verdichte die Dinge nur. In meinem zweiten Roman, “Ein Hügel voller Narren” ist dann auch Neu-Schöpfung eingearbeitet. Das hat sich ganz langsam, organisch entwickelt. Selbst dieses Erfundene scheint mir schon dagewesen zu sein, es fühlt sich an, als ob ich es wiederfinde und aufschreibe, das ist ziemlich merkwürdig, es hat sich ergeben, ohne das ich es forciert habe. Ich muss da an einen Begriff aus der Filmsatire “Brazil” denken, da heißt der Geheimdienst “Information Wiederbeschaffung”. So bezeichne ich den Prozess scherzhaft bei mir selbst.
Neben der Erinnerung benutze ich meine reichhaltige Bibliothek und das Internet zum recherchieren. Im Internet finde ich nicht nur Fakten, sondern auch Zeitzeugen, die ich befragen kann. Das tue ich dann in der Regel per Mail oder Telefon.

G.S.: Du hast derzeit einen guten Output, fast täglich erscheinen neue Texte auf Deine Webseite marcuskluge.wordpress.com. Wie kann ich mir Deinen Arbeitsalltag als Blogger mit WordPress, Facebook und Twitter vorstellen?

M.K.: Ich versuche einmal in der Woche einen neuen, längeren Text zu veröffentlichen. Reblogs, Bilderstrecken und Gastautoren ergänzen den Output. Wenn ich das Blog nicht bespiele, nimmt das Interesse ab, dann habe ich nur noch 40-50 Aufrufe statt 100 bis 200 täglich. Wahrscheinlich fließt es bei mir auch deshalb i.M. so gut, weil ich solange einen Schreibblock hatte und in jener Zeit sind Dinge gereift.
Eine Trennung von Privatleben und Arbeit gibt es nicht mehr. Ich schreibe morgens 500 Wörter in zwei Stunden etwa, alles andere, wie recherchieren, promoten, Kontakte pflegen, empfinde ich nicht als Arbeit. Aus gesundheitlichen Gründen muss ich aufpassen, mich nicht zu überlasten. Ich mache eine Siesta mittags und oft noch eine zweite am frühen Abend. Weil die Arbeit Spaß macht, überlaste ich mich manchmal, dann muss ich Auszeiten nehmen. Ich gehe selten weg, weil mich das ziemlich anstrengt und die Technik ermöglicht, dass ich fast alles von daheim machen kann. Ich empfinde diese Möglichkeiten als Segen. Auf der anderen Seite sind mir die Gefahren durch staatliche Dienste wie die NSA, oder private wie Google, sehr bewusst. Ich fürchte die beschworene Dystopie hat bereits begonnen und wird noch sehr böse Folgen haben. Aber auf Google und Facebook zu verzichten ist unrealistisch. Ein “Grundwiderspruch” hätten die 68er gesagt. 😉

G.S.: Rainer Jacob, der auch schon das „Assasin“ gestaltet hat und dort auch Comics gezeichnet hat, zeichnet nun wieder für deine Romane „Die Legende von Xanadu“ und “Ein Hügel voller Narren” Illustrationen. Wie kann man sich die inhaltliche und technische Zusammenarbeit zwischen Dir als Autor und Webmaster und Rainer Jacob als Zeichner vorstellen? Hättest Du auch ohne die Rainer Jacob an Illustrationen zu den Geschichten gedacht?

M.K.: Rainer und ich sind seit über 40 Jahren Freunde. Obwohl, oder vielleicht auch, weil wir oft unterschiedliche Meinungen haben, respektieren wir den Anderen. Das gilt besonders für das Handwerk des Anderen, er redet mir nicht herein und ich ihm auch nicht. Natürlich gebe ich ihm Themen vor, oder sage z.B., die Figur Ghobadi stelle ich mir optisch so ähnlich vor wie Moshe Dayan. Mehr ist es nicht, welche Szene und welche anderen Figuren und Attribute er zeichnet, entscheidet er selber. Wir haben da eine fast schon intuitive Ebene des Verstehens. Manchmal zeichnet er Dinge, die im Text gar nicht vorkommen und ich greife das auf und schreibe es, oder stelle fest, dass die Sache später eine Rolle spielen wird.
Schon bevor wir, im Frühjahr 2014, unsere alte Zusammenarbeit wieder aufgenommen haben, habe ich meine Texte mit Originalfotos, Briefen, Dokumenten und anderem illustriert. Ich verfüge über ein Archiv von etwa 2000 Fotos, an denen ich die Rechte habe. Eigene, Familienfotos und Fotos, die ich in Auftrag gegeben habe aus der Assasin-Zeit. Nur zeichnen kann ich nicht. Ich hätte ohne Rainer die Romane mit Oldschool-Kollagen illustriert, hergestellt wie zu Fanzine-Zeiten, mit Cutter und Fixogum. Gibts eigentlich noch Fixogum?
Ich habe eine Lust an illustrativen Bildern, die einen in Stimmung versetzen, ohne die eigene Fantasie zu zerstören. An meinem neunten Geburtstag bekam ich “Bambi” von Felix Salten in einer wunderschönen Ausgabe geschenkt, Leinen, Fadenheftung usw. Sie hatte nur einen Fehler, sie enthielt keine Bilder. Bambi ohne Bilder? Ich habe nie Felix Salten gelesen.
Ich sehe meine Romane auch als unterhaltsame Fortsetzungsgeschichten, vielleicht eine Art Edel-Pulp, da gehört die Illustration einfach dazu.

G.S.: Du planst jetzt den Roman „Die Legende von Xanadu“ nicht nur über das Internet zu veröffentlichen, sondern auch als gedrucktes Buch. Finanzieren willst du über Crowdfunding. Wie wird das ablaufen? Wie wirst du dafür Werbung machen?

M.K.: Im Frühjahr werden wir in die Bewerbungsphase gehen, da muss man mindestens 25 Fans nachweisen, das wird kein Problem. Dann loben wir Präsente aus für alle, die uns unterstützen. Z.B. jemand der 12 Euro dazugibt bekommt ein signiertes Buch, für 20 ein schönes T-Shirt, oder auch ein Button für drei Euro. Alles natürlich im Stil der 1970er Jahre. Besonders freue ich mich auf ein “Fan-Heft”, das werden wir als Reminiszenz an das alte Assasin gestalten. In der Finanzierungsphase muss man halt viel in den sozialen Netzwerken aktiv werden und Multiplikatoren um Unterstützung bitten. Wenn das Geld zusammenkommt, wird gedruckt, die anderen Dankeschöns werden hergestellt und anschließend an die Unterstützer versandt. Den Rest der Auflage haben wir zu unserer Verfügung und können unsere Arbeit damit ein wenig bezahlt bekommen. Viele Bücher will ich auch zur Promotion verschenken. Dann könnten wir das darauf folgende Buch, also den “Narrenhügel” schon in einer größeren Auflage drucken. Mal sehen, wie’s läuft. Ich spekuliere nicht gern.

G.S.: Um ein Buch im Eigenverlag zu veröffentlichen, hat man heute zahlreiche Möglichkeiten. Seit einigen Jahren propagieren Books-on-demand-Firmen das Publizieren für jedermann. Man schickt seine Daten per Internet an diese Firmen und je nach Wunsch muss man die gedruckten Bücher selber verkaufen oder die Firma kümmert sich vollständig darum. Andererseits gibt es immer noch genügend klassische Druckereien, die die Buchherstellung übernehmen. Welche Erfahrungen hast du in dem Bereich in der letzten Zeit gemacht?

M.K.: Ich habe den Eindruck, die Net-Druckereien sind teuer, so als ob die ein Kartell bilden. Außerdem habe ich keine Kontrolle bei der Produktion, das ist mir zu anonym. Deshalb drucken wir in Berlin in einer kleinen Druckerei. Ich hätte gern ein Hardcover mit Fadenheftung gehabt, musst aber einsehen, dass das Buch damit sehr teuer geworden wäre. Inzwischen denke ich auch seriell, eine Reihe von bezahlbaren Taschenbüchern, könnte ich mir vorstellen. “Xanadu” ist ja Teil einer Trilogie, der zweite Band ist fast fertig und die Familienportraits sollten ja auch mal gedruckt werden.
Es war auch klar, das erste Buch im Selbstverlag herauszubringen. Als Anfänger hätte ich sonst Kompromisse eingehen müssen und möglicherweise nicht die Rechte behalten. Ich habe ja den Vorteil, durch eine kleine Rente unabhängig zu sein. Ich muss vom Schreiben nicht leben. Trotzdem würde ich nicht als Schreiber für die Huff oder andere Medien kostenlos arbeiten. Grundsätzlich ist Schreiben ein Beruf, der auch bezahlt werden muss.

G.S.: Ohne die Unterstützung eines Verlages, willst Du nicht nur das Buch vertreiben, sondern auch Lesungen durchführen. Wie viel Spaß hast Du am „[fast] alles selber machen“?

M.K.: Es gibt wenig, das mir keinen Spaß macht. Kalkulationen sind nicht so meins und ich bin kein großer Kontakter. Ich muss akzeptieren, dass ich nur langsam vorankomme, das ist manchmal lästig, aber die Gesundheit geht vor. Auf die Lesungen freue ich mich schon, damals als ich noch vor der Kamera stand, hat mir das Auftreten immer Freude gemacht. Das ist das Schauspielerblut meines Vaters nehme ich an. Deshalb drehe ich jetzt auch Video-Lesungen und stelle die auf youtube. Ich selbst lese lieber Bücher, aber viele Menschen mögen sich auch gern was vorlesen lassen.
Weil ich viel allein mache, versuche ich immer wieder mit Freunden und Lesern im Gespräch zu bleiben und mir auch Kritik anzuhören. Letztlich tut man was man für richtig hält, aber man sollte vermeiden abzuheben oder sich im Wolkenkuckucksheim zu isolieren.


Günters Website:

Leben an Land erkunden

Das Interview und die Illus aus dem Buch erscheinen mit freundlicher Genehmigung von Günter Sahler.

Foto: Marcus Kluge mit Blechkanister, ca. 1970 (©M.K.)

Editorial – “Das Fanheft” / Ein besonderes Dankeschön

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Rainer und ich haben beschlossen schon mal das Fanheft zu erstellen, dessen Erstauflage ausschließlich für Unterstützer unseres Xanadu-Projektes zu erhalten ist. Inhaltlich wird es Stories vereinen, die mit dem Xanadu-Roman und dem Mauerstadt-Mythos in Verbindung stehen. Natürlich gibt es die LSD-Geschichte “A Saucerful Of Löschpapier”, in der Beaky, noch unter seinem bürgerlichen Namen Frieder, erstmals in meinen Texten auftaucht. Sie war es ja, die mich an Beaky erinnert hat und dazu geführt hat, den Xanadu-Roman über meinen ehemaligen Schulfreund zu schreiben. Sie erzählt, wie wir auf einem Pink Floyd-Konzert 1970 LSD geschenkt bekommen und Beaky auf einen Horrortrip kommt.

Auf jeden Fall möchte ich außerdem die “Easy Andi-” und die Mauerfall- Geschichte “Halber Mensch” in diesem Rahmen erstmals drucken lassen. Ein Impressum schildert, wie der Roman und die Idee für die ganze Trilogie entstanden sind. Auf Seite 3 stelle ich meinen Illustrator und Freund Rainer Jacob und mich, in biografischen Texten, vor.

Ein besonderer Leckerbissen ist für die Mittelseiten geplant, wir setzen unseren, in den 1980er Jahren im Assasin erschienen, Comic “Lux Phosphor” fort. Etwas Heiteres schwebt mir noch vor, nachdem die Traumsequenz über den toten Vampir Lummer auf der Lesung so gut angekommen ist.

Rainer plant ein Lay-Out, dass sich am alten Assasin orientiert, aber durchgehend gut lesbar ist und typografisch “neomodern” wird. Viele Fotos und Faksimiles, für die im Buch kein Platz war, werden das Fanheft illustrieren.

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Heft 5 – 1983

Das Heft hat 24 Seiten, es wird handkoloriert, nummeriert und signiert erscheinen. Auf Wunsch können wir die Exemplare auch dem Unterstützer, oder einer von ihm bestimmten Person widmen. Die Erstauflage ist auf 40 Hefte beschränkt, 20 sind über das Crowdfunding-Projekt zu erwerben. Der Rest der Auflage wird von uns zu Zwecken der Öffenlichkeitsarbeit verwendet. Natürlich können wir, wenn die Nachfrage besteht, später eine Neuauflage produzieren.

Fanheft Kultur

Entwurf Cover Fanheft

Die Finanzierungsphase beginnt erst, wenn Startnext meine Bandident-Unterlagen hat, und da liegt das Problem: Es gibt leider Verzögerungen, sowohl Startnext, als auch die Postbank, bei der ich Kunde bin, sind nicht bereit beim Bankident-Verfahren zusammenzuarbeiten. Startnext hat mich sogar auf Facebook blockiert, weil ich mich beschwert habe. Ich muss also morgen bei fremden Banken betteln gehen, bis ein netter Mitarbeiter bereit ist mir zu helfen. Erst dann kann das Projekt von Startnext ein weiteres Mal geprüft werden und dann in die Finanzierungsphase gehen. Ich hoffe nächste Woche ist es endlich soweit.

M.K.

Abb. oben: “Lux Phosphor” 1983, Art: Rainer Jacob, Text: Marcus Kluge.

Unser Crowdfunding-Projekt:

https://www.startnext.com/xanadu-west-berlin-buch

Familienportrait Teil 20 / “Mao, Kollektiv und Schulverweis” / 1968-70

Image  Der Autor 1969

 

 1968 lernte ich Burkhardt Seiler, der später als der Zensor bekannt werden sollte, in der Schule kennen. Burkhardt sprach mich auf meinen Mao-Badge an: “Ob ich denn überhaupt schon mal was von organisiertem Klassenkampf gehört hätte?” Hatte ich natürlich nicht, ich trug das Ding nur, um zu provozieren.

Ich war 14 und schlug mich in Diskussionen meistens ganz ordentlich. Er war ein Jahr älter, seine Haare waren noch deutlich länger als meine und auch rethorisch hatte er mich bald übertrumpft. “Wer a sage, müsse auch b sagen”, war seine Argumentation und ein paar Tage später schleppte er mich mit zur Roten Garde, einer maoistischen Gruppe. Wir hatten damals keine Ahnung, was in China wirklich passierte, sonst hätten wir wohl Abstand gehalten.

Image  Kollektivmitglied

Ich ging eine Zeit lang zu einem Zirkel, der das Marxsche Manifest las, ich fand es ziemlich langweilig. Zwischenzeitlich war Burkhardt aus der Roten Garde geflogen, wegen anarchistischer Umtriebe, wie er mir etwas stolz berichtete. Wir hingen zusammen rum, ich habe sehr von seinem Wissen profitiert. Er kannte sich überall aus, auch über Underground-Kunst und -Musik, keine Ahnung, wo er sein enzyklopädisches Wissen her hatte. Er spielte mir MC5 vor, berichtete von Tuli Kupferberg und den Fugs, dozierte über französische Philosophen und rezitierte Allen Ginsberg.

Immer hatte er was vor, wusste von obskuren Konzerten und Vorträgen. Er nahm mich mit zur Kommune 1 in der Stephanstraße. An diesem Tag war S.F.Sorrow von den Pretty Things in Deutschland herausgekommen. Das Album lief laut, mehrere Fernseher liefen stumm und die Kommunarden lümmelten auf Matrazen rum. Ein oder zwei Frauen hatten obenrum nichts an, ich bemühte mich nicht hinzusehen. Mir war etwas peinlich, dass ich keine Jeans anhatte, sondern eine hellgraue Stoffhose, hier hatten alle Levis an, das galt tatsächlich noch als Zeichen der Rebellion.(sic)

An einem anderen Abend zeigte er mir das Zodiac Free Arts Lab. Der Klub befand sich im Haus der Schaubühne, die ja damals noch am Halleschen Ufer residierte. Ein Raum war weiß, der andere schwarz gestrichen, überall standen verschiedenste Instrumente, Verstärker und Boxen herum, die von den Gästen überwiegend frei genutzt werden konnten.

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Als wir dort waren, spielte eine Band psychedelischen Rock, das Licht bestand aus weißen Neonröhren und die Zuhörer bewegten sich in drogeninduzierter Trance zu den wilden Klängen. Burkhardt zeigte mir Konrad Schnitzler, einen der Gründer des Klubs, später sollte dieser mit Tangerine Dream deren erstes Album aufnehmen.

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Wir fingen an eine größere Clique zu bilden, die wir nach Burkhardts Vorschlag “Kollektiv” nannten. Richard, Céline, Andi plus 2-3 weitere Mitglieder bildeten die Stammbesetzung. Wir trafen uns fast täglich meist bei Burkhardt, dessen Eltern in der Pfalzburger Straße wohnten oder bei Richard, dessen Vater in der Pariser Straße einen kleinen Uhrmacherladen hatte. Danach zogen wir durch Straßen und Parks, als eine Art Hippie-Schwadron und spielten Bürgerschreck. Wir experimentierten mit allem, was uns einfiel, unter anderem mit der Aufhebung des Privateigentums. Seitdem weiß ich, dass sowas nicht funktioniert.

Regelmäßig fielen wir im Republikanischen Klub ein, einem Verein den prominente Mitglieder der außerparlamentarischen Opposition, u.a.Wolfgang Neuss, Ossip. K. Flechtheim, Manfred Rexin und Hans Magnus Enzensberger, gegründet hatten. Wir diskutierten mit den APO-Mitgliedern, schnorrten Geld und Zigaretten. Wir testeten auch deren libertäre Attitüde aus, z.B. wenn wir uns einen Teller Spagetti mit Tomatensoße teilten, veranstalteten wir jedesmal eine riesige Sauerei. Es war infantil, machte aber einen Heidenspaß. Meist wurden wir dann rausgeschmissen, aber am nächsten Tag durften wir wieder rein. Man war tolerant, oder gab sich wenigstens so.

In der Schule gerieten wir zunehmend ins Abseits.    Image   Bürgerschreck

Man muss bedenken, dass wir noch echte alte Nazis unter den Lehrern hatten und wir nahmen kein Blatt vor den Mund. Die Fronten waren irgendwann verhärtet, dazu kam noch ein Schüler-Streik zu dem wir aufriefen. Wir protestierten gegen den Senat, der die Gelder für die Schule gekürzt hatte. Zehn Jahre später wären die Lehrer mit uns auf die Straße gegangen. Obwohl der Direktor die Schule abschließen lies, holten wir die Mitschüler über den Zaun, gingen demonstrieren und schwänzten den Unterricht.

 

Danach war dann Schluss mit dem Kollektiv. Burkhardt, ich und andere wurden der Schule verwiesen. Mein Zeugnis hatte einen Vermerk, nachdem ich kein anderes Gymnasium in Berlin besuchen durfte. Ich wechselte notgedrungen auf eine Realschule. Nicht nur in der DDR wurde damals aus politischen Gründen die hochgepriesene Chancengleichheit verletzt.

 

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 Rauswurf

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Burkhardt 1983

Die Kollektiv-Mitglieder zerstreuten sich, nur mit Andi und Richard blieb ich befreundet, wir hatten gemeinsam eine Band und mit Andi verreiste ich viel. Burkhardt Seiler sah ich tatsächlich erst Anfang der 80er Jahre wieder, als er bereits der Zensor war.

M.K.

https://marcuskluge.wordpress.com/2013/10/14/familyportrait-a-visit-to-zensor-photographs-from-the-famous-record-store-taken-in-1983/

Familienportrait Teil 19 – “Phonoklub im Agrippina-Haus in der Rankestrasse 5-6″ / 1960-70

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Europäischer Buch- und Phono-Klub in der Rankestrasse

Meine Mutter hat hier von 1960-70 Bücher und Schallplatten an Klubmitglieder verkauft. Der Laden befand sich im 1955 fertiggestellten “Agrippina-Haus” in der Rankestraße 5-6, das einer Versicherung gehörte.

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Die Inneneinrichtung im Stil der späten 50er Jahre wurde zum großen Teil extra angefertigt. Z.B. die Regale und Tresen aus Teakholz mit Intarsien. Besonders schön war der 7m lange Phonotresen mit Bakelithörern. Als wir den Laden aufgeben mussten, weil Bertelsmann den Franchisegeber aufgekauft hatte, haben wir leider die Tresen und andere Möbel wegwerfen müssen. Niemand interessierte sich für die Nifty-Fifties. Zwei Lampen habe ich noch.

Mitte der 60er kam ich oft am Nachmittag, nach der Schule, mit einem Freund in die Rankestraße. Auf dem Parkplatz, heute ist dort der Los-Angeles-Platz, zeigten wir den Autofahrern Parkplätze und bekamen Trinkgeld dafür. Das gaben wir dann im Europa-Center für Softeis aus. Gern fuhren wir mit dem Fahrstuhl bis zum Dach des Hochhauses. Dort guckten wir durch die Ferngläser, manchmal drehten wir uns solange bis wir schwindlig wurden. Am frühen Abend holten wir Mädchen vom Eislaufen ab, es gab ja noch eine Eisbahn inmitten des Europa-Centers.
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Neben den Klubauflagen von Büchern und Platten, gab es noch die sogenannten Industrie-Schallplatten, damit wurden die normalen LPs und Singles gemeint, wie es sie auch in jedem Plattenladen gab. Das bedeutete für mich, wenn ein neues Beatles- oder Rolling Stones-Album erschien, konnte ich es am Erscheinungstag hören und manchmal auch nachhaus mitnehmen. Ich erinnere mich an “Their Satanic Majesties Request” von den Stones, “Ogdens’ Nut Gone Flake” von den Small Faces mit dem runden Cover und “Sgt. Pepper’s”, das ich behalten durfte. Es war ein Ausschneidebogen aus Pappe dabei. Zum Karneval schnitt ich dann die Epauletten, einen Orden etc, aus und bastelte mir eine Sgt. Pepper’s Uniform.
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Im Geschäft wurden auch Lesungen und kleine Konzerte veranstaltet. Der Staatsschauspieler (Ja, so hieß das damals) Wilhelm Borchert war ein Freund meiner Mutter. Im ersten deutschen Nachkriegsfilm, “Die Mörder sind unter uns”, spielte er 1946 die Hauptrolle als desillusionierter Kriegsheimkehrer unter der Regie von Wolfgang Staudte. Die weibliche Hauptrolle spielte Hildegard Knef. Hier liest er aus Franz Kafkas Schriften.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Wilhelm_Borchert
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Details mit Noten-Linien, -Schlüsseln und pfeifenden Spatzen
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Gegenüber vom Klub, wo heute das Steigenberger Hotel und ein Park liegen, war damals eine Freifläche. Nachdem sie den Klub 1970 aufgeben musste, führte sie noch 15 Jahre einen Laden in Friedenau, als Angestellte. In den Klub-Räumen in der Rankestraße sind heute Versicherungsbüros, nichts erinnert mehr an die 60er Jahre, selbst die Wandmosaiken sind beseitigt worden.

M.K.

Alle bisher veröffentlichten Folgen sind hier verlinkt:

„Familienportrait” – Die Serie

Berlin Typography

Text and the City // Buchstaben und die Stadt

Der ganz normale Wahnsinn

Das Leben und was uns sonst noch so passiert

500 Wörter die Woche

500 Wörter, (fast) jede Woche. (Nur solange der Vorrat reicht)

Licht ist mehr als Farbe.

(Kurt Kluge - "Der Herr Kortüm")

Gabryon's Blog

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In der Kunst spielt ja die Zeit, umgekehrt wie in der Industrie, gar keine Rolle, es gibt da keine verlorene Zeit, wenn nur am Ende das Möglichste an Intensität und Vervollkommnung erreicht wird. H. Hesse

Blackbirds.TV - Berlin fletscht seine Szene

Zur Musikszene im weltweiten Berliner Speckgürtel

Reiner "rcpffm" Peffm 's mobile blog and diary

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Leselebenszeichen

Buchbesprechungen von Ulrike Sokul©

Dokumentation eines Lebenswegs

Ein Blog im stetigen Wandel. Über den Wert von Familie. Krankheit, Aufarbeitung von Gewalt, Briefe an meinen Vater und meinen Sohn. Wohin wird mich alles führen?

.documenting.the.obvious

there is no "not enough light" there is only "not enough time"