Archive | July 2014

Berlinische Räume – “A Visit To Zensor” / Photographs from the famous record store taken in 1983

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Zensor shop at Belziger Straße

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Early Zensor concert posters 1979 (with courtesy from the Thomas Pargmann Collection)
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I met Burkhardt Seiler in school, in 1968, we became friends and had our share in the late 60ties student revolt. Subsequently we were thrown out of school and I lost sight of Burkhardt.

I didn’t meet him again till June 1981, when I spotted him at the Venus Weltklang Festival in the Tempodrom. His formerly long hair was cropped short, it looked like he had done it himself. He was sporting a dark-blue trenchcoat that gave him the looks of a young mormon missionary on his european tour.

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The store in backroom of the Blue Moon boutique

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The Zensor himself

I visited him at his already famous record store in Belziger Straße, from where he also ran the Zensor Label. In 1982 I became his “student apprentice”, not really beeing a student and neither much of an apprentice to him.

I told him about the fanzine I was planning to issue. He gave me advise and proposed to edit “Assasin” together with me. I realised a collaboration with Burkhardt would mean doing a Zensor fanzine and that wasn’t what I had in mind.

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Assasin “zero number”

I quit working for him, concentrated on the pilot issue of Assasin and with the helps of Rainer Jacob, Cordula Lippke, Herbert P. and Andreas Balze realised a zero number in late 1982.

When I heard the Zensor was about to close his shop in autumn 1983 I went there with a photographer to make some last shots.

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On September 19. 1983 there was a bye-bye-concert for the beloved store at the LOFT organised by Monika Döring. But the legend lived on…

P.S. Some weeks ago, I was playing cards with Cordula. She met Burkhardt recently, told me he’s happy in a relationship and quit drinking. (December 2013)

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Text: Marcus Kluge

Familienportrait – „Moonlight Mile“ / Die Legende von Xanadu Kapitel Zwölf / 1973 / von Marcus Kluge

Als er das Krankenhaus verlässt, kommt er auf die Idee seine neugewonnene Freiheit mit einem Eis bei Monheim in der Blissestraße zu feiern. Dort hat er schon als Kind, mit einer Schüssel, am Sonntag Eis geholt. Es ist immer noch heiß an diesem Juliabend im Jahre 1973, das sein letztes werden wird.
25 Pfennig kostet die Kugel Eis bei Monheim, er nimmt dreimal Rum-Traube. Dann schlendert er am Eva-Kino vorbei, er erinnert sich an die sonntäglichen Jugendvorstellungen. Meist gab es Sandalenfilme, es wurde gejohlt und gepfiffen. Mit seinem Eis setzt er sich ans alte Fenn und starrt auf das Wasser. Doch immer wieder steigen andere Bilder hoch, die sich vor sein inneres Auge schieben. Sie steigen auf wie Gespenster, es sind Fotos, peinliche Fotos, schmerzliche Fotos, Fotos, die sich eingebrannt haben in sein Bewusstsein. Nun merkt er auch wieder sein Knie, ein brennender Schmerz zieht bis in den linken Fuß. Er hat Angst, wovor weiß er gar nicht so genau. Am liebsten würde er schlafen, lange schlafen und am besten auch nicht träumen, nur schlafen. Die Polizei hat ihm alles Dope weggenommen, auch die Pfeifen und die Spritzen. Wo bekommt er nun Drogen her? Seine alte Heroin-Connection hat er gekappt, bevor er auf Entzug gegangen ist. Er hat den Pusher gebeten, ihm nie wieder H oder etwas ähnliches zu verkaufen und damals haben sich manche Pusher noch an solche Versprechungen gehalten. Auf die Szene am Bahnhof Zoo oder an der Kurfürstenstraße will er nicht gehen. Zu hoch ist die Gefahr in eine Razzia zu kommen, mit der die Bullen regelmäßig die Drogenszene aufmischen, wenn sie zu groß und auffällig wird. Früher, als er selbst noch Dealer war, hatte er seine Leute, die ihn gewarnt haben, doch das ist vorbei. Wo soll er hingehen? Da fällt ihm ein, er ist ja in der Blissestraße, hier wohnt Susanna, die kann er besuchen, vielleicht hat die was da.

Da das Haus in der Blissestraße immer offen ist, steigt er gleich die Treppen hoch und klingelt bei Susanna. „Wer ist da?“
„Ich bins, Beaky.“
Susanna ist wieder in ihren Kimono gehüllt, sie sieht krank und dünn aus. Beaky bietet ihr eine Zigarette an, sie rauchen beide und Beaky fragt: „Hast du was von Doktor gehört? Weißt du, die Polizei hat mich verhaftet, ich würde am liebsten das ganze Geld zurückgeben.“
Susanna sieht ihn ungläubig an, sie kann seine Naivität nicht nachvollziehen: „Das Geld wirst du nie sehen wieder, Beaky. Und der Doktor woll auch nicht.“ Wenn sie aufgeregt ist, wird ihr Akzent stärker.
„Meinst du wirklich? Ich habe furchtbare Angst für lange Zeit in den Knast zu gehen, ich würde das nicht nochmal durchhalten. Vielleicht bringe ich mich dann um. Übrigens, ich habe die Schnauze gehalten. Die Bullen wissen nichts von dir.“
„Danke Beaky, du bist guter Kerl“
„Sag mal, hast du Dope, Pulver oder irgendwas?“
„Nein, kein Pulver. Seitdem der Arsch weg ist, habe ich Affen.“
Wieder steigt die Angst in ihm auf, am liebsten würde er auf seine Ängste einschlagen, solange bis sie abhauen und ihn in Ruhe lassen.
Immerhin, Susanna schenkt ihm ein bißchen Grass und auf seine Bitte ein altes Spritzbesteck vom Doc, das er zurückgelassen hat: „Aber, du musst steril machen mit kochende Wasser“, sagt sie mit einem Stirnrunzeln.

Perilog
Erst Mitte August 1973 erfuhr ich was Beaky geschehen war. Ich hatte kaum an ihn gedacht und gehofft es es wäre ein gutes Zeichen, wenn ich nichts von ihm hörte. Doch da irrte ich mich. Nachdem ich die ganze traurige Geschichte kannte, habe ich darüber nachgegrübelt, ob Beaky trotz seines frühen Todes ein erfülltes, ein richtiges Leben hatte. Damals dachte ich an den Satz von Adorno, den Hanna zitiert hatte, nachdem es kein richtiges Leben im falschen gäbe. Und mit dem falschen meinte ich natürlich seine Drogenkarriere. Ich sah die Drogen sehr kritisch, vielleicht besonders kritisch, weil ich sie, wie die meisten meiner Generation, wenige Jahre vorher noch völlig unkritisch gelobt hatte. Wie alle Bekehrten war ich strikt in meinen Ansichten.
Damals, Ende der 60er Jahre, als Beaky begann Drogen zu nehmen, standen sie noch nicht im Zusammenhang mit Gewalt, sozialem Abstieg und Krankheit. Für Beaky waren sie am Anfang Mittel, mit denen man experimentierte und sich selbst erforschte. Er las „The Doors of Perception“, das Essay nach dem sich die „Doors“ benannt hatten. Dort schrieb Aldous Huxley, einer der klügsten Köpfe seiner Generation, über seine Selbstversuche mit Meskalin. Dem glaubte Beaky nachzueifern, am Anfang.
Ich möchte Beakys Leben auch nicht verherrlichen. Diesen Satz: „Live fast, die young“ fand ich schon immer oberflächlich und herzlos. Die, die ihn anführen waren auch meist die, die insgeheim davon ausgingen, selbst ein langes Leben zu haben. Und die, die dem Spruch mit offenen Augen bis in die bittere Konsequenz folgten, waren tragische, von ihren Dämonen verfolgte Menschen. So einer war Beaky auch nicht.
Unseren Eltern ging es gut nach dem verlorenen Krieg. Wir erwarteten, dass es so weiter gehen würde. Alles würde immer besser werden, quasi automatisch und mit den Drogen ließen wir es uns schon einmal, im Vorgriff auf die Zukunft, gut gehen. Es war ausgemachte Sache, das Drogen früher oder später legal werden würden. In der „Bravo“ erschien 1969 eine dreiteilige Serie über das Leben im Jahr 2000. Danach verbrachten die Teenager der Zukunft ihre Nachmittage in Spaßbädern, wobei sie LSD nahmen und Sex mit unterschiedlichen Partnern hatten. Das Lernen erledigten Maschinen, die den Teens das Wissen im Schlaf vermittelten. Nun, es kam anders, sowohl mit dem ewigen „immer besser gehen“, als auch mit den Spaßbädern. Beaky würde es nicht mehr erleben.
Ich versuchte aufzurechnen, was dafür sprach, dass mein Schulfreund nicht völlig sinnlos gelebt hatte. Er hatte die Musik gehabt und er hatte Xanadu gehabt, seinen etwas unrealistischen Traum. „The Legend of Xanadu“, dieser Song von Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick and Tich hatte ihn inspiriert. Ein nicht einmal erstklassiger Popsong, aber von seiner Lieblingsband, mit den Mariachi-Trompeten und dem Effekt mit dem Peitschenknall, wurde die Basis für seinen Traum. Er hatte sogar angefangen das Gedicht zu übersetzen, das den Begriff Xanadu im englischsprachigen Raum berühmt gemacht hat. Doch wie Coleridge wurde auch Beaky bei der Arbeit gestört und konnte sie nicht vollenden. Diese Koinzidenz wurde mir bewusst, als ich nach Beakys Tod über das Gedicht recherchierte.

Im Sommer 1797 lebte Samuel Taylor Coleridge im Südwesten Englands und arbeitete an mehreren Gedichten. Er war krank und zog sich auf ein abgelegenes Gehöft zwischen Linton und Porlock im heutigen Nationalpark Exmoor zurück. Ein Arzt verschrieb ihm ein Anodyn, wie man damals schmerzlindernde Tinkturen nannte. Die darin enthaltene kräftige Dosis Opium versetzte ihn in einen von lebhaften Träumen begleiteten Schlaf. Davor hatte er einen Text über Kublai Khan und dessen legendäres Lustschloss Xanadu gelesen und im Schlaf wurde ihm ein 200 bis 300 Zeilen langes Gedicht eingegeben. Später bestand er darauf, dass er zu dieser Ballade ohne jede eigene Anstrengung kam, sie war fertig, und er konnte sie im Traum auswendig lernen. Als er erwachte, setzte er sich sofort an den Schreibtisch und begann das gesamte Gedicht aufzuschreiben. Leider wurde er mitten in der Arbeit von einen Besucher gestört. „A person from Porlock“, jemand aus Porlock, der mit ihm Geschäftliches zu besprechen hatte, klopfte an seine Tür und hielt ihn etwa eine Stunde auf. Als Coleridge danach weiterschreiben wollte, musste er feststellen, dass das Poem bis auf wenige Fragmente aus seiner Erinnerung verschwunden war. Trotzdem das Werk so nur 54 Zeilen lang wurde, und erst 20 Jahre später veröffentlicht wurde, gilt es als eines der bekanntesten englischen Gedichte. Generationen von Dichtern haben sich mit ihm auseinander gesetzt und es hat vielfältigen Eingang in Kunst und populäre Kultur gefunden. „A person from Porlock“ wurde zu einem geflügelten Wort für die unglückliche Unterbrechung einer Arbeit, später auch für eine nicht ganz nachvollziehbare Erklärung, wieso man etwas nicht vollendet hat. 1941 inspirierte das Gedicht Orson Welles für seinen epochalen Film „Citizen Kane“. 1968 machte Dave Dee einen Popsong daraus, in dem er das Schloss seltsamerweise nach Mexiko verlegte. In den 80er Jahren wurde Dave Dee bei einer Massenaudienz der Queen vorgestellt. Elizabeth II. soll gesagt haben: „You’ re the one with the whip!“ Aus Xanadu wurde schließlich ein Musical und die Band „Frankie Goes to Hollywood“ hatte 1984 einen Riesen-Hit mit „Welcome To the Pleasuredome“, der mit der gleichen Zeile beginnt, wie das Gedicht: „In Xanadu did Kublai-Khan a pleasuredome …“

August 1973. Es war ein Freitagnachmittag, ich lag in der schönen, in den Boden eingelassenen Jugendstil-Badewanne in der Schlüterstraße und entspannte mich. Axel, einer der WG-Mitbewohner, klopfte an die Tür und brüllte: „Telefon, Marcus. Scheint wichtig zu sein.“
Ich fluchte, stieg aus der Wanne, warf mir den Bademantel über und lief über den Flur. Ich rutschte aus und legte mich langhin. Abermals fluchend erreichte ich das Telefon im Berliner Zimmer. Er war Beakys Mutter. Sie konnte ihr Schluchzen kaum verbergen, als sie mir berichtete, dass Beaky tot war, er hatte eine Überdosis Heroin genommen. Sie bat mich um einen Besuch und ich sagte zu, am Sonntagnachmittag bei ihr vorbeizukommen. Selten hatte ich soviel Bammel vor einem Gespräch. Ja, ich hatte Bammel, auch so ein Berlinisches Wort das aus dem Jiddischen kommt, „baal ema“ bedeutet soviel wie „furchtsamer Mensch“.
Ich hatte Bammel, weil ich mich verantwortlich fühlte. Ich fühlte mich verantwortlich, schon weil ich zur selben Generation wie Beaky gehörte, weil ich auch über die Politik und die Rock-Musik an die Drogen gekommen war, auch wenn ich bald wieder die Finger davon ließ und Drogenerfahrungen nur noch aus zweiter Hand sammelte. Und ich fühlte mich verantwortlich, weil ich vor meinem Urlaub nicht erkannte, wie groß die Gefahr war, die über Beaky schwebte. Ich wusste nicht, wie ich Beakys Mutter unter die Augen treten sollte, doch ich wusste auch, ich würde mich nicht davor drücken können. Zwei Nächte schlief ich sehr schlecht, Sonntagmittag war ich bei meiner Mutter essen, die mir Mut machte. Beakys Mutter wäre schon froh, wenn ihr jemand zuhörte, der Beaky kannte und ihren Kummer nachvollziehen konnte.

Pünktlich um vier stand ich vor dem Haus neben dem „Bundesplatz-Kino“ und klingelte bei Becker. Nachdem Beakys Mutter und ich einen Moment von Fremdheit und Peinlichkeit überwunden hatte, kamen wir ins Gespräch. Innerlich atmete ich ein wenig auf. Beakys Mutter machte mich nicht verantwortlich, im Gegenteil. Wir saßen in ihrer Küche und sie erzählte mir, was passiert war, als ich in Frankreich war. Sie wusste ziemlich gut Bescheid über die letzten Tage ihres Sohnes. Sie hatte mit fast allen Beteiligten gesprochen.
Sie versuchte mich ihren Kummer nicht anmerken zu lassen, doch er war präsent, wie eine große dunkle Wolke, die über den Küchentisch schwebte, an dem wir saßen. Sie war inzwischen Patientin bei Professor Philippus geworden. Die Gespräche halfen ihr und er verschrieb ihr auch ein Medikament, das gegen Depressionen und Antriebsschwäche wirkte. Besonders hilfreich war, das Philippus ihren Sohn gekannt hatte und das Beaky ihm intimste Gedanken mitgeteilt hatte. Beakys Vater war entlastet worden, weder für Brandstiftung noch für Pornografie gab es Beweise. Zwei Jahre später wurde das allgemeine Pornografie-Verbot in den Bunderepublik Deutschland aufgehoben. Petra Porlock entschuldigte sich ausdrücklich bei Beakys Mutter, weil sie ihrem Sohn im Verhör mit Vorwürfen über seinen Vater zusetzte, für die sie keine Beweise hatte. Sie hatte einfach spekuliert, weil sie, wie viele Polizistin meinte, dass der Zweck die Mittel heiligt. Es hatte wohl Ende der 50er Jahre einen Verdacht auf Verbreitung jugendgefährdender Bilder gegen Herrn Becker gegeben, aber das Verfahren war wegen mangelnder Beweise eingestellt worden. Puvogel hatte sich relativ gut erholt, er hatte keine bleibende Schäden, doch es blieben einige Gedächtnislücken, was die letzten Tage vor seinem Unfall betraf. Vielleicht hatte er es auch vorgezogen, sich nicht mehr an diese für ihn peinlichen Ereignisse zu erinnern. Da er damit als Zeuge ausfiel stellte die Staatsanwaltschaft die Verfahren wegen schwerer Körperverletzung und Einbruchsdiebstahl ein. Die Suche nach Beakys Komplizen endete damit auch. Es hatte Spekulationen über Puvogel in den Boulevardzeitungen gegeben, da es aber keine Quellen gab, die die Reporter angraben konnten, verschwand die Geschichte nach kurzer Zeit und andere spekulative Stories füllten das Sommerloch. An Petra Porlock hatten sie die Journalisten die Zähne ausgebissen, sie schwieg, wenigstens das gehörte zu ihrer Auffassung von Professionalität.
Jahre später traf ich Ingomar von Puvogel auf einer Nach-Vernissage-Party bei dem inzwischen verstorbenen Galeristen Kunze in der Giesebrechtstraße. Bei ihm hatte sich aus dem Diebstahl der Watteau-Kopie und Beakys Tod eine amüsante Anekdote entwickelt, in der er selbst eine höchst heldenhafte Rolle spielte. Ich war befremdet aber auch fasziniert. Hanna machte nach dem Studium eine Therapeutenausbildung und lebt als Analytikerin in Bielefeld. Von Susanna habe ich nie wieder etwas gehört und der falsche Doktor soll in Amsterdam gelebt haben, bevor sich seine Spur auf den Balearen verlor.

An diesem Sonntag im August 1973 leitete ich nach einem zweistündigem Gespräch langsam meinen Rückzug ein. Das Gespräch mit Beakys Mutter hatte mich Kraft gekostet. Frau Becker betonte noch einmal: „Frieder hat sie bewundert, Marcus. Er hat oft von ihnen gesprochen, er wäre gern wie sie gewesen. Ich glaube, es wäre in seinem Sinne, wenn sie diese Bücher bekommen. Die hatte ihm Puvogel geschenkt und ich möchte sie nicht behalten.“
Damit holte sie eine Reisetasche unter dem Küchentisch hervor, die randvoll mit Büchern gefüllt war. Sie wog deutlich mehr als zehn Kilo. Ich war nicht begeistert über das Geschenk, aber ich konnte es unmöglich ablehnen. Ich wollte eben aufstehen, als ich merkte Frau Becker hatte noch etwas auf ihrem Herzem: „Sagen sie, Marcus. Glauben sie er hat sich umbringen wollen? Aber dann hätte er doch einen Brief hinterlassen, oder?“
„Ich bin mir sicher, das es ein Unfall war. Er war ja wohl runter vom Heroin gewesen, da passieren leider häufig Überdosierungen. Für Selbstmord war er auch überhaupt nicht der Typ.“
Ganz so sicher war ich mir nicht.

Als Beaky wieder auf der Blissestraße steht, ist die Sonne untergegangen und er überlegt, wo er etwas zum spritzen bekommen könnte. Nein, er will nicht wieder damit anfangen. Nur heute bräuchte er einfach ein Hilfsmittel um einmal total abzuschalten und lange zu schlafen. Dann würde die Welt bestimmt wieder heiterer aussehen. Es gibt doch da diesen Laden in der Bundesallee, wo er kurz drin war, als er auf Entzug war. Die „Baustelle“ ist zwar ein angeranzter Schuppen, aber was zum drücken gab es dort bestimmt, eigentlich ist es genau der Laden, den er jetzt braucht.
Die Disco ist noch leer, kaum ein Dutzend Menschen bevölkern den großen Raum. Beaky hat ein merkwürdiges Gefühl, ähnlich wie ein deja vu. Er stellt sich vor, dass bevor er zur Tür hereinkam, die Personen stocksteif wie Wachspuppen gewesen wären. Nur für ihn würden sie jetzt so tun, als ob sie Gäste, D.J. oder Tresenkraft wären. Verbunden mit diesem Gefühl ist die Ahnung etwas Schlimmes könnte passieren. Ja, er ist ziemlich mit den Nerven fertig.
Der D.J. blendet eben zu „Dead Flowers“ von den Stones über und ein Paar betritt die leere Tanzfläche. Beaky setzt sich an die Theke, der wie ein Rocker aussehende Keeper fragt ihn „Cola?“ und Beaky nickt. Er mag den Song und es hört sich so, als ob Jagger seinen Namen singt:

„Take me down little Beaky take me down
I know you think you’re the king of the underground.“

Beaky schaut sich um und überlegt, wen er ansprechen soll. Der Barmann stellt ihm die Cola hin und verlangt eine Mark. Beaky sucht die Münze aus der Tasche und bevor er bezahlt, fragt er: „Sag mal, weißt du, ob hier jemand Pulver verkauft?“
„Geh mal zu dem Kleinen mit der braunen Lederjacke.“
Er zeigt in Richtung der D.J. Kanzel. Dort stehen ein größerer und kleiner Mann.

„Send me dead flowers to my wedding
Send me dead flowers by the mail.
And I won’t forget to put roses on your grave.“

Der größere Mann sieht wie Ricky Shayne aus. Konnte es sein, dass der ehemalige Schlagerstar in so einem Schuppen rumhing? Na ja, er hatte Ricky Shayne mal in Ilja Richters „Disco 72“ gesehen. Da sah er ziemlich breit aus. Beaky dachte oft wenn er Prominente im Fernsehen oder auf Fotos sah, dass diese auf Drogen wären. Der Sänger war bleich gewesen, wirkte irgendwie steif und sang Playback. Das wurde sehr deutlich als er, ungefähr in der Mitte des Songs, das Mikrofon bis auf die Höhe seines Gürtels sinken lies und völlig vergaß es wieder vor den Mund zu halten. Jetzt sieht er allerdings frisch und wach aus. Der kleinere Mann nicht, er fährt sich mehrfach mit der Hand ins Gesicht und reibt darin herum. Eine typische Junkie-Geste. Ja, das könnte sein „Mann“ sein. Der D.J. spielt nun „Break On Through“ von den Doors.

Tried to run
Tried to hide
Break on through to the other side.“

Beaky hat es nicht eilig, im Gegenteil, jetzt wo er so kurz vor der Erfüllung seines Wunsches ist, kommen ihm Zweifel, ob das was er hier tut richtig ist? Neben der Tanzfläche ist ein Baugerüst aufgebaut, an dem eine Leinwand hängt. Darauf wird ein alter Tom und Jerry Film projeziert. Der Kater bekommt Ärger mit einer grimmig aussehenden Bulldogge. Der Mann, der wie Ricky Shayne aussieht verabschiedet sich nun von seinem Gesprächspartner und verlässt dann mit großen Schritten die Disco. Das ist Beakys Stichwort, er läuft langsam ohne Hast hinüber und spricht den kleinen Mann so cool wie möglich an.
Das Geschäft wickeln sie auf der Herrentoilette ab, einem üblen Ort, der selten oder nie sauber gemacht wird. Beaky kauft ein „halbes Halbes“ für 20 Mark. Der Pusher will erst in die Innentasche seiner Lederjacke greifen, besinnt sich aber und nimmt aus seinem Geldbeutel ein Briefchen, das nicht aus Papier sondern aus goldenem Stanniol gefaltet wurde.

1973 dachte ich, Beaky wäre an den Drogen gescheitert. Heute sehe ich das natürlich differenzierter, im Grunde war es eine Verkettung von unglücklichen Ereignissen und natürlich auch von dummen Entscheidungen, die er getroffen hatte. Er war dabei sich aus dem Milieu der Drogen herauszuarbeiten, doch dann kamen Liebeskummer, Missbrauch und die Behandlung durch eine Polizistin, die ihn vorverurteilte und unter Druck setzte, erneuter Missbrauch eigentlich. In der Folge hatte er einen Rückfall, eine „Abstinenzunterbrechung“, wie es heute die Suchtexperten nennen. Noch der Pusher, der ihm das Heroin verkaufte, hätte es in der Hand gehabt, Beaky vor dem Tod zu retten. Doch der dachte als Geschäftsmann und gab ihm das ungestreckte Zeug, das für Neukunden reserviert war. Hätte Beaky das normale, gestreckte Zeug für die Stammkunden bekommen, wäre eine Überdosis ausgeschlossen gewesen. Es war sein Todesurteil.
Als ich an diesem Sonntagabend zuhause in der Schlüterstraße die Reisetasche mit den Büchern aufmachte, lag obenauf der Gedichtband von Colerigde. Ich schlug den Beginn von „Kubla Khan“ auf.

In Xanadu did Kubla Khan
A stately pleasure-dome decree;
Where Alph, the sacred river, ran
Through caverns measureless to man
Down to a sunless sea.

Dabei fiel ein Zettel aus dem Buch. Auf ihm las ich, in Beakys krakliger Kinderhandschrift, mit dem Bleistift geschrieben, den Anfang des Gedichtes in deutscher Sprache. Etwa 20 Zeilen hatte er offensichtlich selbst übersetzt. Es war sicher nicht die beste denkbare Übersetzung, doch ich fand sie ganz ordentlich.

In Xanadu hat Kublai Khan
ein großes Prachtschloß sich erbaut:
Wo Alph, heiliger Fluss, durchströmte Höhlen
für Menschen nicht ermesslich
hinab zu sonnenloser See.

Oben rechts befand sich ein Datum auf dem Zettel, 13. Juli 1973. War er da nicht schon tot? Ich suchte die Todesanzeige aus meiner Brieftasche, die Frau Becker mir gegeben hatte. Nein, es war sein Todestag. Übersetzt jemand, der Selbstmord machen will, noch ein Gedicht und bricht damit nach einem Drittel ab? Mein Herz schlug schneller, ich begann hastig nach meinem alten Notizbuch zu suchen, in dem die Telefonnummern der Mitschüler notiert waren. Ja, richtig Frieder Becker. Ich lief zum Telefon im Berliner Zimmer und rief Frau Becker an. Erst hatte sie Schwierigkeiten meiner aufgeregten Argumentation zu folgen, doch mit der Zeit konnte ich sie überzeugen, dass ich einen Beweis gefunden hatte. Einen Beweis dafür, das er keine Absicht hatte, sich zu töten.
Der Fund der Übersetzung hatte mich ein wenig beruhigt, ob er auch Beakys Mutter geholfen hatte, konnte ich nur hoffen. Weder von ihr noch von seinem Vater habe ich je wieder gehört. Nur die Bücher, die Puvogel Beaky schenkte, stehen immer noch in meiner Bibliothek und erinnern mich ab und zu an Beaky und sein kurzes Leben.

Beaky hat keine Lust die zwei Stationen von der Güntzelstraße bis zum Bundesplatz mit der U-Bahn zu fahren. Er läuft, der Sommerwind erfrischt ihn. Er wünscht sich das Puvogel nicht aus dem Koma aufwacht und gleich hat er ein schlechtes Gewissen deshalb. Aus einem Fenster hört er den Schlager:

„Immer wieder sonntags kommt die Erinnerung
Dubdidubdidubdub dubdidub.“

Na super, noch ein Ohrwurm, Cindy und Bert, schlimmer geht’s nicht. Da ist Ricky Shayne noch richtig gut gegen, mit seinem “Ich sprenge alle Ketten und sage nein nein nein nein nein.“
Als er am Volkspark ankommt überquert er die Bundesallee mit der Fußgängerbrücke. Er schaut nochmal in beide Richtungen in den Park, der sich vom Alten Fenn an der Blissestraße, bis zum Schöneberger Rathaus hinzieht. Der Mond ist schon fast voll, es ist Freitag fällt ihm auf. Freitag, der 13. Er ist ein Stadtkind, der Volkspark Wilmersdorf ist, was er sich unter Natur vorstellt. Im Wald oder in den Bergen hat er sich nie wohlgefühlt.
Zuhause hat er es nicht eilig mit dem Schuss. Erstmal geht er in die Küche und setzt einen kleinen Topf mit Wasser auf. Als es kocht, legt er die Spritze hinein und stellt die Eieruhr auf 20 Minuten. Dann setzt er sich an seinen Schreibtisch und nimmt sich den Hornby vor, sein englisches Schulwörterbuch. „decree“ schlägt er nach, „order given by a ruler or authority“, das war es, darüber hatte er in der Zelle gegrübelt. Mit Bleistift beginnt er zu schreiben. Etwa eine Stunde arbeitet er, dann klingelt das Telefon. Wer könnte das sein? Vielleicht wegen seiner Mutter. Nein, es ist Frau Porlock, die Polizistin, ihre Stimme hat etwas triumphierendes: „Also, Herr Becker. Ihr Chef ist aufgewacht, ich vernehme ihn morgen vormittag. Kommen sie doch bitte in die Keithstraße. Passt es ihnen um 15 Uhr?“
Natürlich passt es Beaky, was soll er sagen, wie soll er sich entziehen? Sofort ist seine Konzentration weg und er legt nun eine Platte auf. „Sticky Fingers“, die B-Seite. Das erste Stück „Bitch“ mag er nicht besonders, eine up-tempo Nummer mit Bläsersatz ist nicht so ganz sein Fall. Aber sie geht in die Beine und die Zeile „I salivate like a pawlow dog“ bringt ihn immer zum grinsen. Die Amis sagen „smack“ zu Heroin, auf Berlinisch hieße das „Haue“.
„I Got the Blues“ hört er mit Genuss, auch wenn er an Hanna denken muss. Merkwürdig, ursprünglich war Brian Jones der Blues-Guru der Band, doch nun sieht es aus, als ob Mick Taylor, der ihn ersetzt, die Band auch in Richtung Blues beeinflusst. Trotzdem wird Mick Taylor nie einen Brian Jones ersetzen können.
Als er die ersten Akkorde von „Sister Morphine“ erkennt, läuft er in die Küche und holt die ausgekochte Spritze, einen Löffel, Zitronensaft und ein Teelicht. Auf seinem Schreibtisch versammelt er nun alle Ingredenzien für den Schuss. Sein Feuerzeug, Zigaretten, ein Gummischlauch kommen dazu.

„Well it just goes to show things are not what they seem
Please, Sister Morphine, turn my nightmares into dreams.“

Ob es wohl stimmt, das Marianne Faithfull den Text für Sister Morphine geschrieben hat, oder ist das Legende? Oder wurde es erfunden um mehr Platten zu verkaufen? Oder ist beides wahr?

„What am I doing in this place?
Why does the doctor have no face?“

Beaky spritzt Zitronensaft auf den Löffel, dann öffnet er das Päckchen. Es sieht gut aus, feines, braunes Pulver. Mit der Messerspitze entnimmt er Pulver und gibt es auf den Löffel. Ja, ruhig noch ein bißchen mehr. Er will Ruhe, richtig Ruhe: „Moonlight Mile“.

Just another mad mad day on the road.“

Er trennt den Filter von einer Zigarette, dann kocht er das Gemisch auf und zieht es durch den Filter in die Spritze.

„I’m hiding sister and I’m dreaming
I’m riding down your moonlight mile.“

Er bindet den Stauschlauch um den linken Oberarm, sucht eine Vene. Kein Problem, die Kanüle dringt butterweich ein. Ein Fädchen Blut im Kolben zeigt ihm, er hat getroffen. Langsam drückt er den Stoff in die Blutbahn. Die Wirkung kommt mächtig. Er hat Angst, kann nicht mehr atmen, sein Herz ist ein einziger Schmerz. Dann lichtet sich der weiße Nebel. Er ist wieder in Xanadu, er sieht den herrlichen Palast und diesmal ist er nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Er hat nun keine Angst mehr, er fühlt sich sicher und geborgen und er hofft dieses Gefühl würde für immer anhalten.

„I got silence on my radio
Let the airwaves flow
Let the airwaves flow.“

Ende –

– Die Illustration stammt wieder von Rainer Jacob: rainerjacob.com

– Um Xanadu hintereinander im Blog zu lesen, sollte man die Such-Funktion benutzen und “Xanadu Kapitel Eins” “Xanadu Kapitel Zwei” usw. eingeben.

– “Die Legende von Xanadu” wird eine Fortsetzung bekommen. Sie hat natürlich einen anderen Helden, aber den Erzähler und andere Figuren aus Xanadu werden wir wiedertreffen. Die Fortsetzung wird im wesentlichen 1981, vor dem Hintergrund der Berliner Punk- und Hausbesetzer-Szene spielen. Ich habe mit dem Schreiben des Romans angefangen und Rainer Jacob wird ihn wieder illustrieren, worüber ich mich sehr freue. Der Roman trägt den Titel “Ein Hügel voller Narren” und wird wieder hier im Blog vorveröffentlicht.
Das erste Kapitel heißt “Bela Lugosi ist tot”:
http://wp.me/p3UMZB-PT
– Meine Romane sind fiktiv, aber nicht erfunden. Um Persönlichkeitsrechte zu schützen, habe ich Namen und Details verändert.

Familienportrait – “Party Like It’s Nineteen-Fortynine” / 8 Photographs / West-Berlin 1949

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Familienportrait – „Das Brennen“ / Die Legende von Xanadu Kapitel Elf / 1973 / von Marcus Kluge

Beaky wurde unsanft aus seinen Träumen geholt, als jemand an seiner Schulter rüttelte. Zu seiner Verblüffung erkannte er seinen Vater vor sich. Was machte sein Vater hier, bei der Kriminalpolizei in der Keithstraße? Bevor er zuende gedacht hatte, fragte dieser: „Junge, Frieder, was machst du denn hier? Und wieso haben sie dich angekettet?“
Beaky schüttelte den Kopf und formulierte etwas umständlich: „Sie denken, ja also, ich hätte meinen Chef umbringen wollen. Aber das ist natürlich Quatsch, ich hoffe die merken bald, dass ich kein Mörder bin.“
„Den Puvogel? Den Antiquitätenhändler? Als ob es nicht genug zwielichtige Bekannte von ihm gäbe, denen sowas zuzutrauen ist.“
Beaky hatte inzwischen bemerkt, dass auch sein Vater gefesselt war. Der Unifomierte neben Becker senior hatte sich eine Zigarette angezündet und war offensichtlich bereit, Vater und Sohn ein kurzes Gespräch zu gewähren. Herr Becker wollte nicht auf eine Frage warten, er hob seine Hand und zeigte Beaky den Metallring um sein Handgelenk: „Mich wollen sie wegen Brandstiftung drankriegen. Ich soll meine Kneipe angezündet haben. Du weißt doch wie ich an dem Schuppen hänge. Frieder. Niemals würde ich sowas tun.“
Sie tauschten noch ein paar belanglose Sätze aus, dann drängte der Beamte zum Aufbruch, Vater und Sohn wünschten sich Glück und verabschiedeten sich. In Beakys Hirn türmte sich ein weiteres Fragezeichen auf die schon vorhandenen. Könnte sein Vater sowas gemacht haben? Die Kneipe lief ja nicht gut, wollte er die Versicherung kassieren? Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Er mochte seinen Papa nicht so sehr wie seine Mutter, doch war er immer eine verlässliche Größe in seinem Leben gewesen, nun wurde ihm bewusst, wie wenig er eigentlich über seinen Erzeuger wusste.

Lange hatte er nicht Zeit darüber nachzudenken, dann wurde auch er abgeführt. Man brachte ihn in ein Zimmer im Souterrain, Licht fiel nur durch eine Art Oberlicht und außer Tisch und Stühlen war der Raum leer. Es dauerte nicht lange, dann erschien Petra Porlock mit einem Stapel Akten unter dem Arm, in ihrem Schlepptau folgte ein junger Uniformierter.
„Also Herr Becker, ich bin ja etwas sauer auf sie. Ich mag es nicht angelogen zu werden. Und gleich zweimal. Sie wissen doch wovon ich spreche?“
Beaky hatte sich vorgenommen erstmal gar nichts zu sagen, den Tipp hatte ihm der “Doc” mal gegeben. Er hätte gern die Arme verschränkt, aber mit der linken Hand war er immer noch an ein Tischbein gekettet. Also schaute er, etwas betreten, auf die Tischplatte vor sich.
Einige Minuten passierte gar nichts, Petra kuckte an die Zimmerdecke, nickte freundlich dem Polizisten zu, während Beaky merkte, wie ihm die Situation zunehmend unangenehm wurde.
„Wissen sie, Beaky, so werden sie doch genannt. Ich kenne dieses Spiel gut und versichere ihnen, ich kann es besser und vor allem länger spielen als sie. Tun sie sich einen Gefallen und beantworten sie meine Fragen, damit wir beide hier irgendwann wieder rauskommen. Wieso haben wir heute morgen das Gemälde aus Puvogels Galerie in ihrem Zimmer gefunden?“
Beaky machte den Mund auf, wollte sprechen, aber nur ein kläglicher Laut kam aus seiner Kehle. Petra wies den Beamten an, Beakys Handfessel zu lösen. Der Befreite rieb sich das Handgelenk, räusperte sich und sagte: „Mein Chef hat mir das Bild zum Aufbewahren gegeben. Ich kann mir nur denken, wieso. Ich habe mich nicht getraut zu fragen.“
„Und, was denken sie?“
„Na ja, es sieht nach einem Versicherungsschwindel aus, oder?“
„Gut, ich werde das prüfen, aber überzeugt bin ich nicht von ihrer Theorie.“

Es wird ein langes Verhör. Petra stellt immer wieder die gleichen Fragen und Beaky bemüht sich, nicht in eine von ihren Fallen zu tappen. Er hält sich gut, findet er. Doch dann zieht Petra ihr Netz enger, sie spielt einen weiteren Trumpf aus: „Also, sie haben zugegeben, dass sie die perversen Fotos gesehen haben, was ich übrigens sowieso wusste, weil überall ihre Fingerabdrücke darauf sind. Also, entweder er hat sie gezwungen, oder er hat sie betäubt? Es kann natürlich auch sein, das sie sich wie ein kleiner Stricher vom Bahnhof Zoo, haben bezahlen lassen? War es nicht so? Haben sie sich nicht verkauft, um sich Drogen von dem Geld zu besorgen?“

Beaky hat feuchte Augen und seine Wangen brennen. Obwohl es kühl ist, schwitzt er und er hat furchtbaren Durst. Der Polizist sitzt mit versteinerter Miene neben der Tür und hört alles mit, was ihm besonders peinlich ist. Er beschließt zuzugeben, was in Puvogels Wohnung geschah. Er hofft, dieses unerträgliche Verhör kommt dann zu einem Ende: „Nein, ich habe nichts bekommen. Ich war vor ein paar Tagen bei ihm und ich glaube, er hat mich betäubt und die Scheißbilder gemacht, das Schwein.“ Die letzten Worte werden zu einer Art Winseln, er ist mit seinen Nerven am Ende, nun hat er auch noch Schmerzen in seinem Knie.
Aber Petra treibt Beaky weiter vor sich her: „So, da hatten sie ja allen Grund wütend auf ihn zu sein, sie sind ja immer noch außer sich. Und traf sie dieser Missbrauch nicht an einer ganz besonders empfindlichen Stelle? Weil schon ihr Vater perverse Bilder von ihnen gemacht hat?“
Aus seinem Mund kommt nur noch ein Flüstern: „Mein Vater? Was hat der denn damit zu tun?“
„Stellen sie sich doch nicht dumm, sie müssen sich doch erinnern können. Ihr alter Herr ist übrigens auch gerade hier. Dreimal dürfen sie raten wieso?“
„Wegen Brandstiftung ist er hier.“
„Ja, und praktischerweise ist sein kleines Fotostudio mitsamt den Bildern auch verbrannt. Ein toller Zufall.“
Beaky schüttelte seinen Kopf verzweifelt, als ob er damit die letzten Sätze wieder ausradieren könnte und er sagt jetzt nichts mehr.

Er ist froh, das Verhör hinter sich zu haben. Er freut sich fast, jetzt allein in einer Zelle zu sein, er liegt auf der Pritsche und hat die Augen geschlossen, langsam beruhigt sich der Schmerz im Knie. Draußen ist es ein heißer Sommertag in diesem Juli 1973, das vergitterte Fenster ist geöffnet und der Wind trägt einen alten Schlager an Beakys Ohren: „Ich sprenge alle Ketten“. Trotz seiner beschissenen Situation muss er über die Ironie des Zufalls grinsen. Ricky Shayne, er erinnert sich, das war ein Star in den 60ern gewesen.
Am späten Nachmittag schläft er ein, dann gibt es Abendbrot, schlichtes Graubrot mit Tilsiter, er isst hastig und bis zum letzten Krümel alles auf. Um 22 Uhr wird das Licht gelöscht, er freut sich auf den Schlaf, doch der hat keine Gnade mit ihm. Immer wieder erscheinen die Fotos, auf denen er aussieht wie ein Opfer mit einem Strick um den Hals, vor seinem inneren Auge. Hat Frau Porlock wirklich das Wort „Kinderpornografie“ gesagt, oder bildet er sich das ein? Ihm wird heiß, schwindlig, er glaubt zu fallen, obwohl er liegt. Es riecht verbrannt in der kleinen Zelle. Dann kommt die Angst, es ist Todesangst, ihm ist als würde er jetzt in diesem Moment sterben. Er steht auf, hämmert gegen die Tür, bis ein schlecht gelaunter Wärter auftaucht: „Woln se alle wachmachn?“ Immerhin hört er dann zu, murmelt „Zellenkoller“, haut ab und kommt mit einer Pille zurück: „Noch en Mucks, denn wird’s die Jummizelle.“

Der nächste Tag zieht sich schleppend dahin, wobei es in der Zelle immer wärmer und schwüler wird. Er hatte schon vormittags mit weiteren Verhören gerechnet, doch nichts passiert. Erst am frühen Abend erscheint Petra Porlock, er steht auf, doch sie bedeutet ihm mit einer Geste wieder auf dem Bett Platz zu nehmen. Sie selbst setzt sich auf den einzigen Stuhl: „Also, ich will fair sein, aber auch nicht verschweigen, dass ich sie immer noch für hochgradig verdächtig halte. Ihr Chef ist nach wie vor im Koma, die Ärzte haben da keine Prognose. Allerdings wird er möglicherweise einen bleibenden Schaden haben, weil die Blutversorgung zum Gehirn unterbrochen war. Man weiß nicht wie lange. Ich hatte gehofft, er kann aussagen, aber es sieht nicht so aus. Ihre Mutter hatte einen Kreislaufzusammenbruch, da dürfen sie ruhig ein gehörig schlechtes Gewissen haben. Die arme Frau hat mit ihnen nur Kummer und Sorgen. Sie liegt im Gertrauden-Krankenhaus, bekommt Infusionen, braucht Ruhe und wird ein paar Tage dort bleiben.“
Petra macht eine Pause und sieht ihr Gegenüber prüfend an. Dann wird ihr Ton eine Nuance freundlicher: „Wissen sie das sie einen Freund haben? Ihr Doktor.“
Beaky wird übel, spricht sie von seinem Freund, dem “Doc”, der mit den 10 000 Mark abgehauen ist? Erst als Petra fortfährt, atmet er erleichtert auf, nein sie meint einen anderen, einen richtigen Arzt.
„Dieser Professor Philippus, ihr Seelenklempner, hat mit dem Staatsanwalt gesprochen. Der Mann scheint gute Kontakte zu haben. Jedenfalls hat er behauptet, Puvogel hätte sich bei irgendeiner sexuellen Handlung selbst stranguliert. Na ja, unsere Gerichtsmediziner prüfen das. Da ich im Moment, und ich betone im Moment nicht genug gegen sie in der Hand habe, sie einen festen Wohnsitz und rein theoretisch auch einen Job haben, lasse ich sie erstmal frei. Sie können ihre Mutter besuchen, aber wenn sie auch nur einen verdächtigen Schritt machen, sei es sie kaufen sich großformatiges Zigarettenpapier oder steigen in einen Bus nach Spandau, gehört ihr Arsch wieder mir und ich lasse sie in Ketten legen. Haben sie das verstanden?“
„Ja, Frau Porlock. Danke und glauben sie mir, ich habe Puvogel nicht einmal angefasst.“
„Nun ja, lassen wir das. Wir sehen uns auf jeden Fall. Adschö Herr Becker.“

Perilog
Als ich Anfang August des Jahres 1973 aus dem Urlaub in Frankreich zurückkam, war Beakys Schicksal bereits besiegelt. Ich konnte nichts mehr für ihn tun. Doch auch wenn ich in Berlin gewesen wäre, hätte ich wohl keinen Einfluss auf die Geschehnisse gehabt, die ihn letztlich das Leben kosten sollten. Trotzdem habe ich mir Vorwürfe gemacht. Schon damals hatte ich die Idee über sein Leben zu schreiben, doch ich merkte, dass mir der Abstand fehlte und es wurde nichts daraus. Woran war Beaky gescheitert? Wenn ich es auf einen Aspekt reduzieren müsste, würde ich sagen es waren die Drogen, an denen er scheiterte. Damals sah ich das auf jeden Fall so. Diese Erkenntnis half mir sogar in gewisser Weise, denn ich begann Drogen sehr viel kritischer zu sehen, als es der Zeitgeist es tat. Nachdem ich selbst mit Drogen experimentiert hatte, wurde ich nun abstinent, ich hatte Angst wie Beaky zu enden. Ich fürchtete mich vor Sucht, Überdosierungen und schlechten Trips, also ließ die Finger von den Substanzen. Vielleicht am meisten fürchtete ich ins Gefängnis zu kommen. Eine solche agressive Männerwelt stellte ich mir als Hölle für mich vor. Aber der Bereich Drogen und Gifte blieb in meinem Blickfeld. Ohne das ich mir es vorgenommen hätte, begann ich Bücher über zum Thema zu sammeln. Hauptsächlich auf Flohmärkten und in Antiquariaten fand ich sowohl Belletristik als auch Sachliteratur. Von Louis Lewins Standardwerk „Phantastika“ über Scheidts „Die Behandlung Drogenabhängiger“, pharmakologischen und toxikologischen Fachbüchern bis zu de Quinceys „Bekenntnissen eines englischen Opiumessers“ oder Karen Boyes Science-Fiction-Klassiker „Kallocain“. Und ich begann auch Geschichten zum Thema zu sammeln. Ich hielt Kontakt mit alten Schulfreundinnen und Freunden, die zu Jüngern von Halluzinogenen, Narkotika oder Aufputschmittel geworden waren und ich hörte stundenlang zu, wenn sie mir von ihren Erfahrungen erzählten. In gewisser Weise wurden Literatur und erzählte Geschichte für mich zu Substituten für die eigene Erfahrung, die ich scheute. Jahrelang war es mein Ziel darüber zu schreiben, dramatische Romane stellte ich mir vor, auch Krimis über ausgetüfftelte Giftmorde wollte ich mir ausdenken.
Ich versuchte mich darin, doch ich war mit meiner Schreibe sehr unzufrieden, mir fehlte Erfahrung, Übung und ein Plan. Ich wusste nicht, wieso ich etwas schreiben sollte und für wen. Ich wusste noch nicht einmal, was ich für mich selbst schreiben sollte. Dazu hätte ich ja wissen müssen, wenigstens ungefähr, wer ich war und was meine Bedürfnisse waren, doch von solchen Erkenntnissen war ich Jahrzehnte weit entfernt.
Alles was ich zu Papier brachte war holprig, gewollt und unzulänglich. Dazu kam, damals in den 1970er Jahren hatte ich eine leicht paranoide Einstellung gegen Polizei und Justiz. Ich befürchtete, selbst wenn ich Namen und Umstände verschlüsselte, könne die Exekutive meine Freunde und Bekannte aus der Drogenszene verfolgen, vielleicht war das weit hergeholt. Denn diese war hauptsächlich beschäftigt die RAF, oder andere „Staatsfeinde“, wie das Sozialistische Patienten-Kollektiv zu verfolgen. Drogendelikte hatten noch nicht den Stellenwert wie später. Richard Nixon hatte zwar schon 1972 den „Krieg gegen die Drogen“ erklärt, aber in Deutschland dauerte es noch Jahre bis diese repressive Welle angespült wurde.
Es blieb also viele Jahre beim „schreiben wollen“. Erst zu Beginn der 80er Jahre fing ich an regelmäßig Texte auf meiner Schreibmaschine zu tippen. Doch Beakys Geschichte war mir noch zu nah. Es folgten Jahrzehnte, in denen ich neben der Arbeit nichts mehr Persönliches schreiben konnte. Es mussten 40 Jahre vergehen, bis mir seine Geschichte wieder einfiel und ich mir zutraute sie zu Papier zu bringen. Im Herbst 2013 schrieb einen Text über ein Pink Floyd Konzert Anfang 1970 und da war er wieder, Beaky. Und der langhaarige Junge mit der Schnute und der Fransenjacke erstand vor meinem geistigen Auge auf und forderte einen Tribut. Ich begriff, dass es ihm schuldig war, sein Leben, oder wenigstens sein tragisches Ende, für die Nachwelt festzuhalten…

Beaky verlässt das Polizeigebäude in der Keithstraße und läuft los, ohne nachzudenken wohin. Er will einfach nur weg und das laufen tut ihm gut, obwohl es heiß ist und er schnell anfängt zu schwitzen. Es ist kurz nach sechs, er kauft schnell noch Zigaretten, bevor die Läden zumachen. Plötzlich steht er vor dem Aquarium, er setzt sich auf eine Bank und raucht eine Camel mit Filter. Zum ersten Mal seit zwei Tagen entspannt er sich ein bisschen. Dann geht er die Budapester Straße lang,am Bikini-Haus und dem Zoo-Palast vorbei, zum Vorplatz des Bahnhofs Zoo. Den Bahnhof Zoo hat er immer gemieden, die Stricher und verkommenen Junkie-Gestalten stoßen ihn ab. Aber jetzt will er doch noch ein paar Blumen kaufen, tatsächlich findet er einen offenen Laden in West-Berlins einzigem Fernbahnhof. Dann stellt er sich an die Haltestelle des 60er Busses, der ihn zur Blissestraße bringt. Von dort sind es nur zwei Ecken zum Gertrauden-Krankenhaus.

„Hallo Mama, wie geht’s dir denn?“
„Ach Frieder, die Blumen sind aber schön. Das wär doch nicht nötig gewesen.“
„Doch Mama, das war nötig. Ich hab ein total schlechtes Gewissen, dass du wegen mir krank bist.“
„Ach Quatsch. Ich hab wohl zu wenig getrunken und bin dann bei der Hitze umgekippt. Der erste Lack ist halt ab bei mir. Nu geh aber gleich mal zu den Schwestern und lass dir ‘ne Vase geben.“
Die Krankenschwestern tragen alle merkwürdige Kutten, das müssen Nonnen sein. Beaky überlegt, wie man die anspricht.: „Bitte Frau Schwester, hätten sie ein Blumenvase für mich?“
Beaky versucht seine Mutter zu beruhigen, er stellt sich als rehabilitiert dar, wobei er in Wirklichkeit Angst hat. Angst, Petra Porlock könnte seinen Plan aufdecken und herausfinden, dass er selbst der Anstifter war. Wenn Puvogel aufwachen sollte, wäre er geliefert. Er hofft seine Mutter merkt nicht, wie es wirklich um ihn steht.
„Pass auf dich auf, Junge. Und iss was Vernünftiges, im Eisschrank sind Bouletten und Kartoffelsalat, die müssten noch gut sein.“
„Ich komme morgen wieder, Mama und ich liebe dich. Mach dir keine Sorgen, es wird alles gut.“

wird fortgesetzt –

Die Personen und die Handlung von “Die Legende von Xanadu” wurde von wahren Vorbildern und Ereignissen inspiriert, ist aber eine fiktive Geschichte geworden. Zu meiner eigenen Überraschung ist auch der Erzähler, der ja Ähnlichkeit mit mir hat, zur Kunstfigur mutiert. Um Persönlichkeitsrechte zu schützen, habe ich, wo es nötig war Namen und Details verändert. Die letzte Fortsetzung der Geschichte trägt den Titel „Moonlight Mile“. https://marcuskluge.wordpress.com/2014/07/19/familienportrait-moonlight-mile-die-legende-von-xanadu-kapitel-zwolf-1973-von-marcus-kluge/

Die Illustration stammt von Rainer Jacob. Mehr von ihm:
http://www.rainerjacob.com

 

Berlinische Leben – “Hauptsache Berlin” / Von H.P. Daniels

West-Berlin 1972

Rikki, Richard, nannte sich neuerdings “Riccard” – mit zwei c. Eine Marotte von ihm. Er fand das schick. Auffällig. Was Besonderes. Er sprach das Rickard aus, wie Richard, nur mit k. Sie sagten trotzdem weiter “Rikki”. Und wenn Petty ihn Riccard nannte, dann tat er’s völlig übertrieben … französisch, mit einem leicht ironischen Unterton. Als würde er den Namen mit spitzen Fingern anfassen, ein bisschen tuntig: “Rickaaahr”.

Rikki war der Erste von ihnen. Der Erste in Berlin. Aus dem engeren Zirkel, von der geplanten Wohngemeinschaft. Rikki hatte das Abitur schon vor den anderen, vor dem Rest. Rikki war die Avantgarde. Rikki hatte es auch am eiligsten, er hatte den Einberufungsbefehl schon im Briefkasten. Es war schnell gegangen. Schriftliches Abitur, mündliches Abitur, Einberufungsbefehl. Berlin. Lage sondieren: Universität und Wohnung. Und er sollte eine Fünf-Zimmer-Altbauwohnung besorgen, mindestens fünf Zimmer, besser sechs, für die Kommune, die Wohngemeinschaft. Dass sie alle ein eigenes Zimmer hätten, jeder von ihnen, und vielleicht noch einen Gemeinschaftsraum.

“Fünf- bis Sechzimmerwohnung! Mann, du hast Vorstellungen!” knurrte Rikki, nachdem Petty ihn gefragt hatte, was denn nun sei? “Hast du nach ner großen Wohnung geschaut für uns? Hast du was gefunden?”
“Nee, ne Einzimmerwohnung in Neukölln hab ich!”
“Du hast ja nicht mal geschaut, hast dich nicht mal bemüht!”
“Ach, lass mich in Ruhe!”
Rikki war noch einmal von Berlin zurückgekommen, um seine Klamotten zu holen.

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Rikki erzählte, dass er nach seiner Ankunft in Berlin erstmal zum Tempelhofer Ufer gegangen ist. Zur Wohngemeinschaft der “Ton Steine Scherben”, um zu fragen, ob er ein paar Tage bei ihnen wohnen kann – als alter Anarcho und Ton-Steine-Scherben-Fan aus Frankfurt. Und dass er sie gesehen hätte, damals im Frankfurter Sinkkasten, hat er ihnen erzählt. Als sie nach einem furiosen Konzert die Betreiber des Ladens schwer unter Druck gesetzt haben: Dass die gefälligst noch zweihundert Mark auf die Gage drauflegen sollten … als Spende für die politischen Gefangenen. Oder sie würden ihnen die Bude zu Scherben kloppen. Dass er das toll gefunden hätte. Und wie die Typen vom Sinkkasten dann zornig murrend, aber kleinlaut, bezahlt hätten. Eine Spende für die politischen Gefangenen. Toll! Und dass das doch eine richtig gute und ja auch wirklich gerechtfertigte Aktion gewesen sei. Erzählte Rikki den Scherben. Und dass er schwer angetan sei von ihrer LP “Warum geht es mir so dreckig”. Und ob er jetzt ein paar Tage bei ihnen wohnen könne … bis er eine Wohnung gefunden hätte? Solidarität unter Anarchisten und so … und gemeinsam sind wir stark und so … und keiner wird uns mehr aufhalten können. Uns nicht und die Revolution nicht. Und Venceremos und so.
Die Scherben haben Rikki in ihrer Wohnung am Tempelhofer Ufer auf dem Fußboden schlafen lassen. Aber sie waren reserviert, haben ihn ziemlich unfreundlich behandelt. Sagt er jedenfalls. Ihnen war er verdächtig, wie er da so plötzlich aus dem Nichts bei ihnen aufgetaucht war. “Die haben mich für einen Bullenspitzel gehalten, diese paranoiden Idioten!” Seitdem waren Rikkis Sympathien für Ton Steine Scherben gedämpft.

Er hatte einen Tisch, einen Fernseher, einen Kleiderschrank, eine Couch, eine Reiseschreibmaschine, ein Radio, einen Plattenspieler, zwei Stühle einen Koffer und einige Kisten mit Schallplatten, Zeitschriften, Büchern. Das musste nach Berlin.
“Könnt ihr mir helfen?”
Ricky belud mit Petty und Schlaff einen gemieteten Ford Transit. Inter Rent. Schlaff fuhr, Schlaff, den sie Schlaff genannt hatten, eben weil er genau so war: “schlaff”. Ein großer breiter Teddybär mit hängenden Schultern, hängenden Armen: schlaff. Schlaff fuhr. Rikki hatte keinen Führerschein. Petty erst seit kurzem. So eine große Karre traute er sich noch nicht zu. Also fuhr Schlaff. Der ja immer fuhr. Normalerweise mit seinem weißen R4. Mit dem sie immer mitfuhren. Überall hin. Überall in der Gegend rum. Ohne Schlaff wären sie nirgendwo hingekommen. Ohne Schlaff wären sie aufgeschmissen gewesen. Und Schlaff, so schlaff er sonst war, der große gutmütige Bär mit schlaffem Ausdruck, schlaffer Körperhaltung, fuhr Auto alles andere als schlaff. Dass ihnen manchmal Hören und Sehen verging, wenn er in die unzähligen Taunus-Kurven stach und bretterte. Durchs Lorsbachtal.

“Einen R4 schmeißt du nicht um!” war so eine Redensart. “Schaffst du nicht! Das schaff nicht mal ich!” sagte Schlaff. Er hat ihn auch nie umgeschmissen, seinen weißen R4, wenn es auch manchmal bedrohlich nahe dran war, wenn es gefährlich geschaukelt und gequietscht hat. Nach Berlin ging es ohnehin meistens geradeaus: Autobahn. Schlaff fuhr. Immer geradeaus. Autobahn. Berlin.
“Und was machen wir an der Grenze? Wenn uns die DDR-ler die Karre auseinander nehmen? Wenn die gucken wollen, was wir da hinten drin haben? Wenn die in die Kisten schauen?”
“Weißt du, was, Rikki? Du packst einfach den ganzen Anarcho-Krempel, Ton Steine Scherben, Bakunin, Kroptkin, Stirner, Landauer, Mühsam und das ganze Zeugs, die SDS-Schriften, Kommune 1 und Kommune 2, Dutschke und Biermann … das packst du nach ganz unten in die Kisten. Und oben drauf dann die Gesamtausgabe von Brecht … hast du die überhaupt? Und Lenin “Was tun?” und “Staat und Revolution”. Und Karl Marx: “Das Kapital” … die blauen Bände aus dem Dietz Verlag. Und die ganze Kuba-Literatur von deiner Abiturprüfung. Das alles oben drauf. Und bei den Platten machst du’s genauso. Packst Biermann und Neuss ganz nach unten. Und oben drauf den Degenhardt: “Mutter Mathilde”. Den haben sie doch gerade erst aus der SPD rausgeschmissen, weil er zur Wahl der DKP aufgerufen hat. Und die Arbeiterlieder von Ernst Busch und son Zeug. Auch oben drauf. Am besten noch auf Amiga. Hast du sowas? Da lassen die uns sofort weiterfahren…”
Rikki fand die Idee gut und packte seinen Kisten entsprechend um. Das eine nach unten. Das andere nach oben. Es funktionierte.
“Ham Sie Kinder dabei?”
“Nee!”
“Waffen oder Munition?”
“Nee!”
“Machen Sie mal auf! Was ham sie in den Kisten?”
“Nur Schallplatten und Bücher…”
“Machen Sie mal die Kiste auf!”
Der Grenzposten sieht Blaue Bände … Das Kapital.
“Danke, Sie können weiterfahren!”
“Na, hab ich’s dir gesagt, Rikki?”
“Das blaue Wunder! Und unten drin liegt das ganze Anarcho- und Anti-DDR-Zeug. Sehr lustig!” Sie freuten sich. Rikki und Petty lachten. Schlaff fand diesen ganzen politischen Kram eher ein bisschen “überzogen”.
“Ach, wisst ihr, diese ganze Revolution, das ist eigentlich nicht so mein Ding!”
“Schlaff…!” Rikki sprach seinen Namen streng aus, ermahnte ihn, er solle mal nicht so reaktionär daherquatschen “Die Revolution kommt, Schlaff. Das wirst auch du nicht verhindern. Und diese Revolution wird alles wegfegen. Diese ganzen Spießer- und Kapitalistenschweine, und diesen ganzen miesen, grauen, grauenhaften, verspießerten DDR-Scheißdreck hier. Dieses ganze unfreie Scheißland, wo sie den Sozialismus einmauern müssen. Das ist doch kein Sozialismus. Wenn man den einmauern muss. Das ist doch n Scheißdreck, das will doch keiner haben. Und was ham die hier überhaupt für ne Autobahn? Das ist doch keine Autobahn. Diese elende Rumpelpumpel-Strecke. Das ist doch keine Straße! Du wirst sehen, Schlaff, das wird die Revolution alles wegfegen. Und du wirst es nicht aufhalten, du nicht, Schlaff. Und auch sonst niemand. Und wenn es hart auf hart kommt, wird die Revolution auch dich wegfegen. Wenn du dich dagegenstellst. Denn entweder du bist dann für die Revolution. Oder du bist dagegen. Und dann fegt sie dich halt weg. Alles Schlaffe sowieso.”
Rikki zündete sich eine Reval an.
“Tssi, tssi, tssi” machte Schlaff mit seiner hohen Mädchenstimme.
“Du wirst es sehen!”
Elende Rumpelstrecke durch die DDR. Hundert Stundenkilometer. Mehr ist nicht erlaubt. Schlaff.

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Als sie den ganzen Krempel ausluden, ins Haus reintrugen, Stuttgarter Straße, Neukölln, sahen ihnen zwei Typen von gegenüber zu. Die hingen da im Fenster. Sie winkten. Warum winken die? Meinen die uns? Was wolln die?
“Ey, was machst du denn hier?” Die meinten Petty. Er sah genauer hin. Ein großer Blonder mit einer Motorradlederjacke. Und ein Kleinerer.
“Ey, das is ja n Ding! Was macht ihr denn hier?”
Friedrich Erdmann und Michael Popp aus München.
“Wir wohnen hier!”
Ausgerechnet gegenüber der neuen Wohnung von Pettys Freund Rikki aus Frankfurt wohnen zwei alte Bekannte von Petty aus München. Ja, sie hatten auch nach Berlin gewollt, von München. Das hatten sie ihm mal erzählt. Schon vor längerer Zeit. Und jetzt das: “Jetzt sind sie hier. Und wir sind auch hier. Was für ein Zufall. Alle hier. Iss ja n Ding, Mann! In Berlin kommt alles zusammen.”

Rikkis neue Wohnung war ein dunkles Loch: ein Zimmer mit Kachelofen, ein kleiner Flur, von dem eine Toilette abging und eine winzige Küche. Ohne Bad. Adresse war eigentlich Sonnenallee, aber man konnte auch von hinten rein, über die Stuttgarter Straße.
“Na, gefällt’s euch?”
“Hmm…”.
Schön, war es nicht, aber das war auch nicht wichtig. Schön war nicht wichtig. Hauptsache Berlin. Und eine eigene Wohnung. Und nicht so teuer. Und weit weg von den Eltern. So weit war Rikki schon mal. Darum beneidete Petty ihn. Und alles, was Rikki brauchte, war jetzt auch da. Seine Klamotten, seine Bücher und die Schallplatten. Und der Fernseher. “Ja, Mann, der ist wichtig! Wegen der Sportschau. Eintracht. Und Tatort…”
Rikki legte keinen besonderen Wert auf Gestaltung. Die Bude war schnell eingerichtet. Auf der Längsseite die Couch, oben drüber: Che Guevara, Fernseher gegenüber auf einer Kiste, das war erstmal am wichtigsten. Sportschau, Eintracht, Tatort. Der Schrank auf der Schmalseite gegenüber vom Fenster. Schlaff bestand darauf, dass sie den so hinrückten, dass zwischen dem großen Kachelofen und dem Schrank gerade so viel Platz bliebe, dass der thronartige Holzstuhl mit der hohen Rückenlehne und den beiden Armlehnen genau dazwischen passte. Exakt zwischen Ofen und Schrank. Das passte. Wie nach Maß. War ja auch nach Maß. Und der massige Schlaff, der Petty optisch immer an Chris Farlowe erinnerte. Rikki fand das auch, spätestens seit dem Konzert von Colosseum in der Frankfurter Messehalle: “Ja, du hast Recht. Der Schlaff sieht aus wie Chris Farlowe. Nur dass er nicht so eine schicke Fransenlederjacke trägt wie der…”
“Aber schlaff ist der Farlowe auch!”
“Ziemlich schlaff!”
Schlaffs Stammplatz in Rikkis neuer Wohnung: Eingeklemmt auf dem großen Holzstuhl, zwischen Kachelofen und Schrank, und davor noch ein Tisch. Dort saß Schlaff jetzt immer. Da fühlte er sich wohl. Geschützt. Geborgen. Heimelig. Wie in einem Versteck. Petty nannte es Schlaffs “Klaustroklause”. Rikki fand das lustig: “Na Schlaff, gehste wieder in deine Klaustroklause?” Sie haben ihn nie woanders sitzen sehen. Die ganzen Tage nicht. Immer nur Klaustroklause. Dort aß er, dort trank er, dort war er zuhause. Schlaff.
“Och, sehr schön hier in meiner Ecke, sehr angenehm!” sagte Schlaff mit seiner ulkig weichen, hohen und betulichen Stimme. “Sehr schön hier, jaja, sehr schön!” Chris Farlowe in der Klaustroklause.
Es sei denn sie gingen raus, verließen Rikkis neue Bude, die Stadt erkunden. Berlin. “Mensch, wir sind in Berlin!” Und es gefiel ihnen. Dieses graue und kaputte Berlin. Die verrotteten Altbauten mit den narbigen Fassaden.
“Mann, guck mal, die Löcher da, ob das noch Einschusslöcher aus dem Krieg sind?” Diese abgeplackten Fassadenstücke. Hier war nichts zu spüren von der Frankfurter Biederkeit, kein modischer Schnickschnack, keine schicken Menschen wie in München, nicht dieses falsche Getue. Kein Geprunke und Geprotze. Kein schicker Scheißdreck. Hier war alles gröber, roher, echter. Und in der Sonne bekamen die kaputten Häuser, das Graue, Verfallene und Verrottete sogar einen besonderen Glanz. Doch, Berlin gefiel ihnen. Jetzt müssten sie es sich nur noch erobern.

– wird fortgesetzt –

Bei „Hauptsache Berlin“ handelt es sich um das dritte Kapitel von H.P. Daniels unveröffentlichem Roman „Nowhere Man“, der mit autobiografischen Reminiszenzen von den 1970er Jahren erzählt. Demnächst folgt hier ein weiteres Kapitel als Vorveröffentlichung und ich hoffe, wir können bald den ganzen Text als Buch oder E-Book lesen. Ich danke H.P. sehr herzlich, ebenfalls danke ich Rainer Jacob, der den Text mit einer Illustration versehen hat und Cornelia Grosch, die Fotos aus dem alten West-Berlin beisteuerte. M.K.

Mehr von H.P. Daniels: https://www.facebook.com/profile.php?id=100000086822391&ref=ts&fref=ts

Cornelia Groschs Mauer-Wander-Blog: http://conyberlin.blog.de/

Rainer Jacobs Website: http://www.rainerjacob.com

 

Familienportrait – “Downtown” / Die Legende von Xanadu Kapitel Sieben / von Marcus Kluge / 1973

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Sein Knie tat weh, schon den ganzen Morgen, so als ob es auf seine desolate innere Verfassung reagieren würde. Vielleicht war das ja so. War das nicht die Bedeutung von “psychosomatisch”, wie ihm sein Freund, der falsche “Doktor” mal erklärt hatte. Beaky betrat das Wartezimmer, es war fast leer, und er setzte sich auf den nächsten freien Stuhl. Er war froh, dass ein “richtiger” Arzt so schnell Zeit für ihn hatte, er hatte gehofft, es würde ihm sofort besser gehen, mit der Aussicht seine schwierige Lage mit einem echten Mediziner besprechen zu können. Aber im Gegenteil, alle seine Probleme, Ängste und Ungewissheiten stürzten nun geballt auf ihn ein. Sein Hals war wie zugeschnürt, während eine bittere Übelkeit aus seinem Magen nach oben stieg. Sein Liebeskummer, die Heroinsucht, der Brief seiner Mutter und die bange Frage, was eigentlich genau passiert war während seines Black-Outs, als er sich in Puvogels Gewalt befand. All das zerrte nun seine Gedanken in im Kreise laufende Gedankenketten. Sein kleines Schicksals-Schifflein schien auf dem Ozean des Lebens Brechern ausgeliefert zu sein, für das es nicht gebaut worden war. Lange saß er so da, grübelte er und knabberte an seinen Fingernägeln.

Es kam ihm wie Stunden vor, sein Warten, und langsam beruhigte er sich ein wenig und begann zum ersten Mal den Raum, in dem er saß, wahrzunehmen. Es war gar kein richtiges Wartezimmer. In diesem Zimmer erinnerte nichts an gewöhnliche Orte dieser Art. Ein wahres Sammelsurium von gemütlichen alten Sofas, Sesseln und schlichten Thonetstühlen boten eine reiche Auswahl an Sitzgelegenheiten. Statt Illustrierten lagen Geduldsspiele, kleine Bälle, Stifte und Papier herum. Aber das ungewöhlichste sah er erst, als er sich umdrehte. Hinter ihm war eine Glasscheibe, durch die man direkt in das Behandlungszimmer blicken konnte. Ebenfalls erst jetzt fiel ihm auf, wenn man sich darauf konzentrierte, konnte man über zwei kleine Lautsprecher hören, was im Arztzimmer gesprochen wurde.
Beaky fiel der Begriff “ärztliche Schweigepflicht” ein. Gab es nicht sowas? Durfte das der Arzt überhaupt und war es nicht total peinlich, vor anderen Patienten seine Probleme zu schildern? Im Behandlungsraum sah man Professor Philippus hinter einem kleinen antiken Schreibtisch sitzen. Er war dick, nicht so wie Puvogel, der ein Bäuchlein hatte und sonst fast normal aussah, nein, Philippus war fett, überall. Selbst seine Hände, sein Hals und sogar seine Ohren wirkten adipös. Ihm gegenüber saß eine junge Frau mit dunklen, langen Haaren und einem Puppengesicht. Unter ihrer weißen Nylonbluse blitzte ein schwarzer BH hervor. Der Professor fragte sie eben: “Haben sie denn ihrem Freund ihr Unbehagen kommuniziert, Susanna?” Den Namen sprach er Schuschanna aus. “Der dumme Kerl tat als ob er mich nicht verstanden hatte. Dann haben ich gesagt, er muss mit mir auch in Restaurant oder in Kino gehen, nicht immer jeden Tag nur in Bett. Aber er hat gesagt, ich sollen froh sein, das wir jetzt haben sexuelle Revolution und das Frau jetzt gleichberichtigt werde. Da ist mein Temperament durchgegangen und habe ihm Ohrfeigen verpasst”, “Verpasst” betonte sie auf dem “ver”. Susanna zog heftig an ihrer Zigarette und blies Philippus den Rauch ins Gesicht. Sie sprach mit einem Akzent, russisch oder polnisch dachte Beaky, eine besondere Vorliebe schien sie für manche Vokale zu haben. Die zog sie in die Länge. Der Arzt wedelte müde den Rauch vor seinem Gesicht weg, nun bekam seine Stimme etwas mitleidig väterliches: “Wir besprachen doch, das sie lernen müssen ihre Gefühle verbal zu äußern. Mit Gewalt erreichen sie möglicherweise das Gegenteil.” “Manchmal sehe ich rot und dann bricht Temperament mit mir durch.” Témperament! Vielleicht war es auch ein ungarischer Akzent? Nun blickte der dicke Mann auf seine Armbanduhr und verkündete: “Für heute müssen wir schließen, Schuschanna. Vergessen sie nicht zu bezahlen beim rausgehen und denken sie daran, schreien! Schreien sie ihren Frust aus sich heraus wie ein Baby, jeden Tag, am besten gleich morgens und ohne Rücksicht auf Verluste.” Er wirkte wie ein freundlicher großer Bär, als er sie zur Tür geleitete. Zum Abschied umarmte er sie, während sie ihm rechts und links ein Küsschen auf die Wange drückte.
Unter Philippus Kollegen munkelte man, er wäre so dick, weil er die Probleme seiner Patienten in sich hineinfräße. Meistens sprach man positiv über ihn, man wusste dass er spektakuläre Erfolge erzielte mit teilweise sehr unkonventionellen Methoden. Einzig sein unbestreitbar vorhandenes Charisma wurde ambivalent gesehen, viele Patienten wurden geradezu abhängig vom ihm und er scharte Anhänger um sich, mit denen er seltsame, geheime Exerzitien durchführen sollte. Es waren wohl Neider, die ihn mit Sektenführern wie Maharishi Yogi oder Otto Mühl verglichen.

“Von was träumen sie, Herr Becker, oder darf ich Frieder sagen?” “Mein Spitzname ist Beaky”, traute sich der Jüngere zu antworten. “Ich träume eigentlich selten, meist von der Schule.”
“Das meine ich nicht, was ist ihr Lebenstraum, Beaky? Was möchten sie erreichen?”, nun war Beaky aus dem Konzept. Mit einer solchen Frage hatte er nicht gerechnet. “Äh Xa…”, er räusperte sich, “also Xanadu, da will ich mal hin, wissen sie, in China!” “Hochinteressant. Das legendäre Xanadu. Und wenn sie das erreicht haben? Was machen sie am Nachmittag?” Philippus schaute Beaky mit großen Augen fragend an.

Jetzt war Beaky endgültig aus dem Tritt. Es trat eine Pause ein, die Beaky unangenehm war. Philippus tat nichts um die Spannung zu lösen. Er wartete auf eine Antwort. Schließlich fiel dem jungen Mann wieder ein, wieso er hier war und seine Hemmung löste sich. Heroin und Hanna, Hanna und Heroin, der ganze Teufelskreis war wieder präsent, der eben im Wartezimmer sein Hirn durchtobte. Er durchbrach das Schweigen: “Es geht um Hanna, meine Freundin, vielmehr meine Ex-Freundin. Ich liebe sie, aber sie hat Schluss gemacht.” In diesem Moment fiel Beaky siedendheiss ein, das ihr Gespräch im Wartezimmer mitgehört werden konnte. Er blickte zur Seite, durch die Glasscheibe. Dort saßen nur zwei Patienten, ein Langhaariger wie er selbst und eine ältere Dame mit einer Kurzhaarfrisur, die aristokratisch wirkte. Beide schienen am Geschehen im Behandlungszimmer uninteressiert zu sein, was Beaky beruhigte. Außerdem könnte er es jetzt nicht mehr ändern.
Der Psychiater wartete ob noch etwas nachkäme, dann antwortete er: “Darum geht es also, die Liebe. Wissen sie, Beaky, die Liebe ist strenggenommen eine Krankheit für uns Psychoheinis. Wenn man verliebt ist, sieht man die Welt völlig unrealistisch, man wird labil, extrem abhängig vom Verhalten des Liebes-Objektes. Selbst die Schmetterlinge im Bauch sind eigentlich pathologisch. Wir nennen die Liebe deshalb auch die schöne Psychose.” ‘Schöne Psychose’ sagte er mit einem heiteren Glucksen. Dann fuhr er wieder ernst fort: “Wieso hat Hanna sie denn verlassen?” Nun war Beakys Hemmung endgültig weg, an das Wartezimmer dachte er nicht mehr. Von seinem Heroinproblem erzählte er und das er davon loskommen wollte, wegen Hanna und überhaupt. Weder sein Knie ließ er aus, noch seine sorgenvolle Mutter. Auch von seinem Chef, der Einladung, dem riesigen Filmriss und dem Traum, in dem Puvogel ihn würgte, berichtete er dem Psychiater. Philippus fragte nach, wieviel Heroin, wie lange schon, selbst den blassen Striemen auf Beakys Hals untersuchte er. Schließlich nahm der Arzt wieder hinter seinem zierlichen Sekretär Platz.
Dann fasste er seine diagnostischen und therapeutischen Feststellungen zusammen. Er wäre bereit ihn zu unterstützen, wenn er es ernst meine mit dem Entzug. Er würde ihm ein Mittel verschreiben gegen die Ausfallerscheinnungen, besonders gegen die Angst. Dann müsste Beaky zweimal in der Woche in seine Gruppe kommen, das wäre unerlässlich. Besonders wenn es Beaky gelänge Hanna zurück zu gewinnen, würde er, Philippus, einen guten Ausgang sehen. Sein Filmriss bei Puvogel dürfte eine durch Heroin und Alkohol ausgelöste delirante Episode darstellen, die Striemen am Hals könnten sehr wohl beim Transport des Bewusstlosen entstanden sein. Außerdem sei für eine positive soziale Prognose, die Arbeit in der Antik-Galerie wichtig. Nur für sein Knie, da könne er nichts tun, da müsse ein Orthopäde konsultiert werden.

Fünf Minuten später steht Beaky mit einem Rezept auf der Uhlandstraße. Ihm fällt ein, neben der “Besenwirtschaft”, einem Weinlokal, in dem er mit seinem Vater mal Zwiebelkuchen essen war, ist eine Apotheke, also läuft er ein paar Schritte in Richtung Ludwig-Kirch-Straße. Der Apotheker gibt ihm das Medikament, murmelt etwas von Kreislauf, was Beaky nicht versteht. Er ist in Gedanken, unkonzentriert. Als er aus der Tür tritt passiert ihm ein Malheur, obwohl es nur ein Stufe gibt, schafft Beaky es, so heftig zu stolpern, dass er der Länge nach auf den Bauch und auf sein Gesicht fällt. Ein Augenblick kann lang sein, jedenfalls kommt es Beaky so vor. Er hat sich auf die Zunge gebissen, es schmeckt nach Blut, ebenfalls schmeckt es nach Ungeschicklichkeit, Versagen, Scham. Er kennt diesen Geschmack gut. Auf dem Schulhof hat er oft so gelegen, besiegt, beschämt, erniedrigt. Er glaubt um ihn herum stehen Leute und lachen über ihn und seine Dummheit. Tränen schießen in seine Augen. Seine rechte Wange ist aufgeschürft und seine linke Handfläche auch, sonst hat ihn seine Wildlederjacke geschützt. Der Apotheker stürzt aus der Tür, hilft Beaky auf und äußert mitleidig: “Aber Herr Becker, was machen sie denn?” Erstaunt nimmt Beaky wahr, dass niemand ihn auslacht, ein paar Passanten schauen betroffen und der Apotheker geleitet ihn an seinem Arm zurück in den Laden, wo er Beakys Wunden säubert, mit Jodtinktur desinfiziert und verpflastert. Beaky empfindet seine Fürsorge als wohltuend. Ihm fällt ein, er könnte mal ins Musicland schauen, gleich nebenan, kurz vor der Ludwig-Kirch-Straße. Diesmal achtet er sorgsam auf seine Füße, als er die Apotheke verlässt und nach wenigen Schritten betritt er das Geschäft mit den Hieronymus Bosch Fototapeten, in dem er schon viel Geld gelassen hat. Bereits in den 60er Jahren hat er den Lohn aus Vaters Kneipe hier in Vinyl-Scheiben angelegt. Die Wände mit der Bildwelt des mittelalterlichen Malers hatte ihn damals schon fasziniert, kaum zu glauben, dass das nicht irgendein Hippie auf LSD gemalt hat, sondern ein Mensch aus der Renaissance.

BildH. Bosch: “Die Hölle” (©: Public domain)

In der Mitte des Geschäfts steht ein runder Tresen, inmitten dessen ein blasser, schmaler Mann mit Geheimratsecken auf einem Barhocker tront. Von der Decke hängen Kopfhörer einladend über dem Verkaufstisch. “Erna”, so nennen alle den Besitzer, eigentlich heißt er Ernst Wüst, begrüßt den Stammkunden herzlich, fast wie einen alten Freund. Was nicht erstaunlich ist. Beaky war sogar mal bei ihm zuhause gewesen in der Gasteiner Straße. Aus alter Gewohnheit fragt Beaky, ob was gutes Neues reingekommen ist, aber Erna schüttelt nur den Kopf, wie meistens in letzter Zeit. Nein, nicht wirklich, nur Hard-Rock, Heavy Metal und billiger Glam-Rock. Da fällt dem schwulen Plattenhändler ein, dass er Beaky eine Nachricht geben soll, er wühlt aus einem Stapel Visitenkarten und ähnlichem einen Zettel und gibt ihn Beaky. “Von deinem Freund, dem Doktor”, bei Doktor zwinkert er. “Bei Su” steht auf dem Zettel und eine Telefonnummer. Erna beantwortet das klingelnde Telefon und Beaky verabschiedet sich mit einem Winken. Zur Teestube am Ludwig-Kirch-Platz ist es nicht weit, dort scheint ihm ein geeignetes Plätzchen zum Ordnen seiner Gedanken zu sein. Auch die langhaarige, blonde Sabina begrüßt ihn wie einen Freund und macht ihm einen Jasmintee. Merkwürdig, heute sind alle nett zu ihm. Sowas ist der junge Berliner sonst gar nicht gewohnt. Berlin ist ja keine besonders freundliche Stadt und wenn man lange Haare hat, muss man sich, auch 1973 ist das noch so, von der Schultheiss-Fraktion einiges anhören.

Er dreht sich einen kleinen Joint. Seit er auf Heroin ist, kifft er nur noch wenig. Er konzentriert sich auf den Duft und die Wärme, die aus dem Becher aufsteigen. Und dann ordnen sich seine Gedanken fast wie auf einen Schlag und er erkennt, dass nur eines wirklich Priorität hat. Nur Hanna ist ihm wirklich wichtig, alles andere wird sich lösen lassen, denn alles andere hat er in der eigenen Hand. Nur über Hanna kann er nicht bestimmen. Die Beziehung war das Beste was ihm im Leben passiert ist und er wird um sie und ihre Liebe kämpfen. Was immer er dafür tun muss, ist er bereit zu tun, alles mit Ausnahme von Selbstmord, denn dann würde er Hanna auch verlieren. Das war keine Option für ihn. Und noch etwas bemerkt er, sein Knie tut nicht mehr weh, schon seit seinem Sturz auf den Bürgersteig vor der Apotheke hat er keine Schmerzsignale mehr wahrgenommen. Umso besser, dann kann er jetzt unbeschwert seine nächsten Schritte planen.

Lange sitzt er in der Teestube am Ludwigkirchplatz. Er braucht einen Plan, aber es fehlt ihm ein zündender Gedanke, der seine Phantasie in Gang setzt. Dann sieht er einen Mann im Trench-Coat, der mit einem Koffer in die Pfalzburger Straße einbiegt. Es ist ein alter, großer Koffer, er scheint noch nicht einmal voll zu sein, der Mann lässt ihn lässig vor und zurück schwingen, während er zügig läuft. Mit einem solchen Koffer könnte man vieles transportieren. Wertvolles könnte man damit wegtragen, und langsam baut er in seinen Gedanken, wie mit Bausteinen, Klötzchen auf Klötzchen, bis es steht sein Traumschloss, sein Xanadu. Lange hat er nachgedacht, nun hebt er den Kopf und hört auf die Musik, die aus dem Lautsprechern kommt. Normalerweise spielen sie gitarrenlastige Musik, Rock- und Folk-Balladen in der Teestube. Sowas wie “It’s a Beautyful Day”, “America” oder “Cat Stevens”, deshalb ist es ungewöhnlich, dass nun ein klassischer englischer Pop-Song aus den 60er Jahren läuft.

When you’re alone
And life is making you lonely,
You can always go, downtown
When you’ve got worries,
All the noise and the hurry
Seems to help, I know, downtown.”

Bild

Das Lied, mit dem Petula Clark 1964 einen sagenhaften internationalen Erfolg hatte, hellt Beakys Stimmung auf. Manchmal haben Popsongs diese Wirkung bei ihm. Seine inneren Zweifel weichen einer durch nichts begründeten Zuversicht, dass er all seine Probleme in den Griff bekommen wird. Denn nun hat er einen Plan. Einen Plan zur Rückgewinnung von Hannas Liebe, der gleichzeitig eine Rache an Puvogel enthält und nicht zuletzt die Erfüllung seines Lebenstraums bedeuten würde. Xanadu! Der Lebenstraum, an den er zuletzt immer weniger geglaubt hatte, bis zu diesem Tag. Sagte das seine Mutter nicht immer wieder, das gerade die Krisen, die schlimmen Zeiten im Leben, einen weiterbringen und oft zu positiver Fortentwicklung, zu größerer Zufriedenheit oder sogar Glück führen. In diesem Moment glaubt er, dass sie Recht hat. Allerdings würde er die Hilfe eines Freundes benötigen. An mich wird er wohl auch gedacht haben, in diesem Augenblick, aber ich bin in Frankreich und außerdem bin ich nicht der richtige für die Aufgabe. Beaky braucht einen Freund, mit dem er nahezu wortwörtlich “Pferde stehlen” kann, wobei nur “Pferde” eine Metapher darstellt, das “stehlen” nicht. Für dieses Konzept fällt Beaky nur einer ein, sein alter Freund, den alle “Doktor” nennen, obwohl der nicht wirklich ein Arzt ist.

“Doktor” öffnet Beaky die Tür zur Hinterhaus-Wohnung seiner Freundin in der Blissestraße, “Su” steht an der Klingel und “Milan”. Das Zimmer hat keine schöne Aussicht, eigentlich hat es gar keine Aussicht. Aus dem Fenster blickt man auf eine hässliche Brandmauer, die nur wenige Meter entfernt den Augen Einhalt gebietet. Der Raum scheint Wohnzimmer und Küche gleichzeitig zu sein, hinter einer halbgeschlossenen Tür hört man Musik, da vermutet Beaky “Doktors” Freundin und sowas wie ein Schlafzimmer. “Doktor” bietet seinem Freund einen Stuhl an und setzt sich selber. Auf dem Tisch vor ihm liegt eine Federwaage, Plastiktüten mit Pulver und kleine Stücke von buntglänzendem Stanniolpapier, aus dem normalerweise Kinder Weihnachtsbaumschmuck oder ähnliches basteln.

Sie haben sich viel zu erzählen, die Freunde haben sich lange nicht gesehen. Schließlich erleichtert Beaky sein Herz, indem er von Hanna berichtet, das er vom Heroin wegkommen will und das er Angst hat, sein Chef Puvogel könnte ihm K.O.-Tropfen untergejubelt haben und dann irgendwelche perverse Sachen mit ihm angestellt haben: “Er hat Fotos von mir gemacht, schweinische Sachen und dann hat er mich gewürgt, glaube ich.” Obwohl Professor Philippus die Striemen am Hals für normal hielt, sagt ihm sein Bauchgefühl, das rote Mal stammt vom zwielichtigen Kunsthändler. Das erklärt er dem “Doktor”, der nickt und murmelt: “Der fiesen Sau würde ich alles zutrauen. Verprügeln sollten wir ihn, den dreckigen Motherfucker!” In diesem Moment fliegt die Tür zum Nebenzimmer auf und eine hübsche dunkelhaarige Frau in einem Kimono betritt den Raum. Beaky traut seinen Augen nicht, kann es sein, das es die gleiche Person ist, die er beim Professor durch die Scheibe gesehen und über die Lautsprecher gehört hatte? Als sie den Mund aufmacht und spricht, weiß er, sie ist es! “Der Chef deiner, der Perverse, er ist ein Würgeengel. Er steht auf Ersticken-Spiele.” Susanna hatte offensichtlich die ganze Zeit mitgehört. “Doktor” bemüht sich das Gespräch wieder an sich zu reißen: “Das ist mein guter alter Freund Beaky. Wir haben schon einiges zusammen gedreht.” Dabei zwinkert er lustig. Dann steht er auf und stellt Beaky mit einer großen Geste seine Freundin vor: “Und das ist meine große Liebe, Schuschanna!”, wobei er einen dritten Stuhl nimmt und ihn für Susanna bereitstellt.
Danach kommt das Gespräch ins Stocken, Doktor beginnt mit einem Taschenmesser Pulver in drei Häufchen zu teilen. Beaky braucht nicht zu überlegen, er würde nichts von dem Heroin nehmen und das teilt er Doktor mit, vielleicht etwas unfreundlich. Aber “Doktor” überspielt die Situation mit einem lässigen, “Wer nicht will, der hat schon.” Dann reicht er Susanna einen abgeschnittenen Strohhalm, sie zieht ein Häufchen in die Nase, dann folgt “Doktor” ihrem Beispiel.

“Doktor” bietet Zigaretten an, Ernte 23, alle nehmen und rauchen. Dann muss Beaky endlich nachfragen, was ihn dringend beschäftigt: “Was meinst du mit Würgeengel?”
Susanna erhebt sich, geht zum Ausguss und macht den Kaltwasserhahn an. Sie lässt sich ein Glas einlaufen, kommt an den Tisch zurück, trinkt und räuspert sich. “Das ist eine Sexspiel. Hatte mal eine Kollegin in Budapest, die hat mir erklärt. Du drückst Hals zu bei Sex, soll sehr starke Gefühl sein. Kannst Du machen allein oder mit Partner. Manche sind ganz wild dafür, dein Chef wohl auch einer. Ist sehr gefährlich, schon Leute sterben daran.” Beaky schaut Susanna ungläubig an, während “Doktor” kleine Stanniolbriefchen mit Pulver füllt und dann mit der Federwaage auswiegt. Susanna drückt ihre Zigarette aus und verkündet: “Ich muss mich machen fertig. Jemand muss ja arbeiten gehen in diese Haus.” Dem entgegnet Doktor milde: “Was ich hier mache ist also keine Arbeit?”, während er auf die Utensilien vor sich auf dem Tisch deutet, “kannst froh sein, dass ich mich darum kümmere. Sonst wär kein Dope im Haus. Und das möchtest du doch nicht, Liebling.” Susanna zieht die Stirn kraus und verschwindet im Schlafzimmer. Als sie eine Viertelstunde später die Wohnung verlässt und sich verabschiedet, schauen die Männer kaum hoch. Inzwischen sprechen sie über Beakys Plan. Ein anderer Freund, wie ich zum Beispiel, hätte wohl das Waghalsige und die Gefährlichkeit des Vorhabens gewürdigt und ein Wort der Warnung gesprochen. Aber der “Doktor” ist nicht so, er liebt das Risiko und wo Beaky noch Bedenken hat, ist “Doktor” bereits vom Erfolg der Sache überzeugt.

-Wird fortgesetzt-

Die Illustration hat dankenswerterweise Rainer Jacob gezeichnet. Mehr von Rainer: http://www.rainerjacob.com

Text von “Downtown”:
http://www.absolutelyrics.com/lyrics/view/petula_clark/downtown

In diesem fantastischen Artikel erzählt Robert Buskin die Geschichte des Megahits von Petula Clark. Außerdem gibt er einen schönen Einblick in die Studioarbeit der 60er Jahre, besonders in den Pye Studios, wo noch unbekannte Größen wie Jimmy Page oder John McLaughlin sich ein Zubrot als Studiomusiker verdienen. Damals wurde bei Einspielungen noch ein Riesenaufwand getrieben. Neben einer Beat-Combo nahm man, mit vielen Dutzend Mikrofonen, ein komplettes Orchester auf, mit Streichern, Blech- und Holzbläsern, sowie Keyboards und Backgroundchor. Über ein 4-Spur Neumann-Pult zeichnete man auf einem 4-Spur Ampex-Rekorder auf. 1999 sagt Petula Clark: “We had no idea we were recording a monster. You never do.”
http://www.soundonsound.com/sos/jan12/articles/classic-tracks-0112.htm

 “Die Legende von Xanadu” beruht auf wahren Begebenheiten, die ich mit Erfundenem vermischt habe. Im Ergebnis ist “Die Legende von Xanadu” eine fiktive Geschichte. Um Persönlichkeitsrrechte zu schützen habe ich außerdem Namen und Details verändert.Das achte Kapitel trägt den Titel “Cold Turkey” und ist bereits erschienen:

Familienportrait – “Cold Turkey” / Die Legende von Xanadu Kapitel Acht / 1973 / von Marcus Kluge

   

Berlinische Leben – „Rainer Works Art Marcus Words“ / Portrait einer Freundschaft / 1973-2014 / von Marcus Kluge

Es gibt Freundschaften die Bestand haben, auch wenn uns das Leben für viele Jahre von unseren Freunden trennt. Wir treffen uns wieder und sprechen wieder miteinander, als ob es nur Tage oder Stunden der Trennung waren. Sofort finden wir die gemeinsame Sprache und wir verstehen uns.

So geht es mir mit Rainer Jacob, den ich vor 40 Jahren kennenlernte. Wie genau haben wir beide vergessen. Er wuchs in der West-Berliner Blissestraße und ich einen Katzensprung entfernt am Volkspark Wilmersdorf auf. Es war Freundschaft auf den ersten Blick. Damals waren wir beide knapp 20, politisch links und mit großem Interesse an Film, Literatur und Kunst. Wir verstanden uns auf Anhieb, obwohl wir häufig unterschiedlicher Meinung waren. Ohnehin war Rainer immer besonders vom Bild und ich eher von Sprache begeistert.

Rainer ist sowas wie ein Sonntagskind, obwohl er nicht an einem geboren wurde (12 Minuten zu spät) und er ist mit einem kritischen Geist ausgestattet. Für beides ist er dankbar. Wieso er ein Glückskind wurde, kann er sich erklären. Er hatte eben Glück mit seinen Eltern, die eine 59 Jahre lange, harmonische Ehe bis in den Herbst 2008 führten. Dann starb Martha und Günter folgte ihr im Februar 2009.

Kennen lernten sich seine Eltern durch eine Art Lotterie. Während des 2. Weltkriegs bemühte sich die Nazipropaganda jedem unverheirateten Soldaten im „Felde“ ein Mädel an der „Heimatfront“ zu vermitteln. Das klappte wohl ganz gut, auf jeden Fall bei Rainers Eltern, die sich so kennen und lieben lernten. Auch bei der Kriegsgefangenschaft hatte Günter Glück. Er machte kein Kreuz an der Stelle wo dies 80% seiner Kameraden taten, „War Hitler ein guter Mann. Ja oder Nein?”. Er kam auf einen britischen Flughafen, wo er sich frei bewegen konnte, in der Offiziers-Messe bediente und Reifen vulkanisierte. Nebenher bastelte Rainers Vater noch Modelle von Lancaster-Bombern, die begehrt bei den Offizieren waren, zusätzlich Geld brachten und er hatte nicht die prägende traumatische Internierung, wie mein Vater zu erleiden, der nach vier Jahren in Sibirien als gebrochener Mann zurückkam.

Rainer hat noch Liebesbriefe und ein Kriegstagebuch bis zum Ende der Gefangenschaft, versehen mit Zeichnungen und Fotos und inspiriert durch meine Familiengeschichten spielt er mit dem Gedanken, diese Fundgrube auch einmal in ein Blog zu stellen. Die Eltern heirateten und 1955 wurde Rainer als Wunschkind geboren. Wieso Rainer einen überaus kritischen Verstand entwickelte, kann er nicht genau klären. Voraussetzung um eigene Gedanken entfalten zu können war, dass beide Eltern beschlossen hatten etwas anders zu machen bei der Erziehung. Selbst hatten sie Wilhelminische Strenge kennengelernt, künstlerische Ambitionen mussten sie begraben. Mutter wollte Modezeichnerin werden, doch mit dem Argument, sie heirate ja sowieso, verbrannte die Mutter ihre Zeichnungen. Der Vater fotografierte, zeichnete und baute Schiffs-und Flugzeugmodelle, lernen musste er etwas Praktisches.

Mir fallen mir zwei Aspekte auf, die Rainer und mich zu kritischem Denken inspiriert haben könnten. Zunächst war in den 1960er Jahren in Deutschland noch der Nachhall von zwölf Jahren Naziherrschaft, Verbrechen und Kriegsschuld zu spüren. Wir merkten schon im Grundschulalter, dass uns in vielem eine beschönigende Version vermittelt wurde. Rainer erlebte Gechichtslehrer mit Schmissen, die prahlerisch und menschenverachtend von Kriegserlebnissen erzählten, oder die Kinder beim Sport als “Dreibeinige Synagogenzwerge” beschimpften.

Kaum jemand bekannte sich zu seiner Mitschuld, aber wir wussten doch, das eine Mehrheit Hitler gewählt und mitgemacht hatte bei den beispiellosen Verbrechen. Oder man schwieg gänzlich über das 3. Reich, wie in den meisten Schulen. Glücklicherweise war Rainers Vater kein schweigender Despot und in der Familie herrschte eine muntere Streitkultur. Viele in unserer Generation hatten schweigende Väter, fast war es eine vaterlose Generation.

Durch das Leben in Westen Berlins machten wir noch eine weitere augenöffnende Erfahrung. Wir wuchsen mit zwei Versionen der Wahrheit auf, die im Westen und im Osten in den Medien, vor allem im Rundfunk und Fernsehen verbreitet wurde. Zunächst werden wir den Westmedien geglaubt haben, aber spätestens nach dem Besuch des Schah von Persien und dem Tod von Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 merkten wir, das auch die Westmedien logen. Rainer beobachtete als Dreizehnjähriger bei einem Klassenkameraden zu Besuch, wie im Rohbau des Nebenhauses eine wilde Schießerei zwischen der Polizei und dem Attentäter von Rudi Dutschke stattfand. Später gingen wir auf Demos und erlebten Knüppelorgien der Polizei, in den Westmedien waren die Studenten und Gammler schuld und plötzlich stimmte die Version der Ostmedien mit unserer Beobachtung überein. Also wurde klar, was Medien berichten muss nicht wahr sein, alles ist kritisch zu hinterfragen. Langhaarigen wurden auf offener Straße “Mädchen” hinterhergerufen und die Boulevard-Presse hetze so sehr, daß ein “Doppelgänger”, der Dutschke änlich sah, beinahe vom Mob gelyncht worden wäre.

Rainer sah sich verschiedenste linke Gruppierungen an und bei keiner, ausser den Trotzkisten, fand er einen Arbeiter. Überhaupt war alles sehr merkwürdig, wenn linke Gruppierungen (SEW, DKP) von Errungenschaften sprachen, während man den “realen” Sozialismus für 25 Mark Eintrittsgebühr besuchen konnte und das heruntergedimmte Licht in Straßen voller verkommener Altbauten den wirklichen Sozialismus zeigte. Bei uns wiederum wurde Kritik am Westen mit dem einfachen Satz, “Geh doch ‘rüber” plattgebügelt.

Während mich das Scheitern der 68er Revolte ins Abseits schickte. Abitur und Studium war mir verwehrt und ich habe mich wohl auch freiwillig für einige Zeit in den Schmollwinkel zurück gezogen, begann Rainer eine Lehre in einer Siebdruckerei. Aber er wollte doch noch sein bildnerisches Talent zum blühen bringen und bemühte sich um ein Studium an der Hochschule der Künste (heute UdK).

Es war ein Abend im Jahr 1973, als er mir seine Mappe zeigte, er hatte den Tag im Zoo verbracht und Tiere gezeichnet, in Vorbereitung auf seine Aufnahmeprüfung. Zum ersten Mal sah ich sein Talent und war beeindruckt. Er studierte dann mit dem kleinen Matrikel. Er startete mit freier Malerei, wechselte zu experimenteller Grafik, dann zu Grafik Design. Während er sich zuerst ernsthaft mit den realistischen Details von Reflexen auf Wasserhähnen malerisch herumschlug wollen seine Jahrgangskommilitonen, die Jungen Wilden, mit der Attitüde von Frühvollendeten Party feiern. Maler die den Habitus von Rockstars imitierten und sich anschickten das Niveau von Werbung glatt zu unterbieten. Damals, vor der Verschulung des Studiums konnte man noch vielseitig und selbstbestimmt Seminare auswählen und Rainer belegte einige der Film-und Fernseh Akademie und bei den Architekten.

Der Kunsthistoriker Freiherr von Löhneysen, der Schopenhauer textkritisch bearbeitete, beeindruckt Rainer. Er ist Führer bei einer Studienreise durch die norditalienischen Städte, wo man die Entstehung der Perspektive studiert. Gern hätte ich ihn begleitet, wenn meine Reiseunlust mich nicht zurückgehalten hätte. Am liebsten fahre ich dorthin, wo ich schon mal war. Zum Beispiel Bretignolles-sur-mer, wo ich schon öfter war. So verbringen wir 1975 vier Wochen in Frankreich, hören Pink Floyd, kucken auf Kühe und feiern den 14. Juli mit den Dörflern.

Zurück in Berlin macht Rainer Multimedia, ich kann mich noch an einen unendlich schweren portablen U-Matic Videorekorder erinnern, mit dem man schwarz-weiße Bilder aufzeichnen konnte. Wir filmten im Tiergarten in den Ruinen des Diplomatenviertels zur Musik von Django Reinhardt. Vielleicht hat mich diese Erfahrung auf eine Schiene gesetzt, die mich später zu 20 Jahren professioneller TV-Produktion gebracht hat.

In dieser Zeit ziehen wir oft um die Häuser, um am Morgen noch lange Gespräche zu führen. Manchmal zeichnet Rainer, z. B. mich während ich englischsprachige Songtexte schreibe, passend garniert mit USA-Attributen. Deutsch zu singen kann ich mir damals nur schwer vorstellen. Überhaupt prägte uns amerikanische Popkultur, die im West-Berlin der Nachkriegsjahrzehnte omnipräsent war. Wir gehen gemeinsam in die Off-Kudamm-Kinos, schauen uns Orginalfassungen mit und ohne Untertitel an. Schwarze Serie und andere Hollywoodstreifen, aber auch anspruchsvolle europäische Filme. Video gibt es noch nicht für Normalsterbliche und im Fernsehen regiert dröges Mittelmaß, das vom Dritten Programm manchmal durchbrochen wird.

Zu Beginn der Uni-Zeit lernte Rainer seine erste Partnerin, die elf Jahre ältere Ingeborg kennen, die selbst Grafik studiert hatte und damals im Mediterranea griechische Möbel und Flokatis verkaufte, zu der er in eine WG einzog. Dort hatte er ein kleines Fotolabor im Gästeklo, auch von mir gern genutzt. Während des Studiums arbeitete er in den Semesterferien als Praktikant bei der Werbeagentur Dorland oder macht Illustrationen für den Tip, diese Erfahrungen brachten Rainer nach dem Studium zu einer Karriere als Art Director in der Werbung. Er arbeitete für namhafte Agenturen, wechselnd zwischen Freelancer und fest, wir bleiben im Kontakt. Er arbeitet um zu leben, am Wochenende bin ich häufig bei dem Paar zu Gast. Eine WG direkt über der Galerie Natubs und dem Engel Gabriel im Kiez nah am Olivaer Platz. Unter ihnen wohnten die Architekten, die das Märkische Viertel verbrochen hatten in feinstem Bauhaus-Dekor.

1982 beschließe ich soetwas wie ein Fanzine zu gründen. Es ist die Zeit, als drei Akkorde reichen, um als Band Karriere zu machen und ich denke, mit drei Fingern tippen zu können, müsste reichen, um ein kleines Subkultur-Magazin herauszugeben. Und es reicht tatsächlich… Dieses Lebensgefühl der Punkjahre, der Fotograf Richard Gleim drückte es kürzlich in einem Interview mit dem Satz „Das machen wir jetzt“ aus, dieses Lebensgefühl half mir, mich selbst am Schopf aus meinem selbstgewählten „Tunix-Sumpf“ zu ziehen.

Mit der Hilfe von einigen Freunden gebe ich den „Assasin“ heraus. Rainer entwirft das Markenzeichen mit dem Fadenkreuz, Logos für Rubriken, er weckt mein Interesse an Typografie und er bringt mir bei, das Layout selbst zu gestalten. Mit Letraset, Fixogum und Skalpell werde ich ziemlich gut. Acht Hefte und drei Musikkassetten wird es geben. Dann stehe ich journalistisch auf eigenen Beinen, schreibe für die Taz und Rock-Publikationen.

1988 fange ich beim OKB an, dem Lokalsender, der heute ALEX heißt. Erst disponiere ich den Sender, dann leite ich Produktionen und Sendeabwicklung, auch wenn auf meiner Visitenkarte etwas diffus „Beratung und Betreuung“ steht. Rainer hat inzwischen sein Atelier im Hofgarten gegründet, um mit einem kleinen Team feines Design für Hotels der Luxus-Klasse zu gestalten. Bevor ihn auch hier in Rhiemers Hofgarten die Arbeit auffrisst, übernimmt er die Leitung des Ateliers bei einer Netzwerkagentur und nach dem Mauerfall geht Rainer für ein Jahr nach Leipzig um die Messe zu re-launchen und schließlich als freier Kreativer konzipiert er die Gesamtkampagne und den Werbespot für die Einführung von Melitta Kaffee in den polnischen Markt. Deshalb castet er eine bekannte polnische Schauspielerin, Ewa Ziętek.

In Polen kennt sie jeder, seit sie mit 18 Jahren die Braut in Andrzej Wajdas “Hochzeit” spielte. In sie verliebt er sich, wie vom Blitz getroffen, während des Drehs in Hamburg. Sie lebt in Berlin und spielt Theater mit akzentfreiem Deutsch. Die ostdeutschen Schauspieler drängen auf den wiedervereinigten deutschen Markt und da will sie wieder in die Heimat und Rainer entscheidet sich spontan mit nach Warschau zu gehen und findet auch gleich eine Stelle als, Head of Art, bei Ogilvy&Mather eine spannende Aufgabe, wo er aus Dramaturgen Werbetexter und aus Architekten Art Direktoren macht. Einige Jahre sehen wir uns nicht. Das Kunden-Portfolio der amerikanischen Agentur ist international, die Etats sind groß, er kann großes Kino inszenieren für Schokoriegel, Pharmakonzerne und der, dem Spiegelmagazin vergleichbaren Wprost, Mode, Kosmetik, Bier. Nach drei Jahren fasst auch Ewa wieder Fuß und neben Boulevard-Theater spielt sie in der dortigen TV-Spitzensoap, “Goldenes Polen” vergleichbar mit unserer Lindenstraße. Reisen nach Indien und Italien zwischen beruflichen Reisen nach Bulgarien, Rumänien, Prag, Wien und häufig zur Postproduction nach London. Sie heiraten nach acht Jahren “wilder Ehe” 2000, fast eine Jet-Set Hochzeit, mit Strech-Limo und begleitet von der Regenbogen-Presse mit illustren Gästen aus Film, Funk und Fernsehen. Ich kann leider nicht kommen, ich muss arbeiten. Nachdem ich fast 15 Jahre Fernsehen gemacht habe, merke ich das der Job mich immer mehr Kraft kostet. Ich habe kaum noch ein Privatleben, selbst im Urlaub verreise ich nicht, irgendwie ist mir nicht danach. Wahrscheinlich leide ich schon damals an einer nicht diagnostizierten Depression.

Nur einmal besuche ich Rainer in Polen, er bewohnt eine nette Villa in einer bewachten Siedlung bei Warschau, er braust mit einem noblen Citroën durch die Stadt und zeigt mir seine neue Heimat. Dann herrscht Funkstille bis 2004, ich besuche Rainer in einer kleinen Wohnung im Hansaviertel, er ist arbeitslos. Was war passiert?

Nachdem er drei Geschäftsführerwechsel “überlebt” hat, war jemand scharf auf seinen Job und hat ihn herausgeekelt. Doch Rainer scheint Glück zu haben, findet eine neue Agentur. Die Firma schwimmt im Geld, es gibt Kunst an den Wänden eines edlen Jugendstilhauses und mit der Zeit fallen meinem Freund Merkwürdigkeiten auf. Man will nicht wirklich große Etats gewinnen und nur ein großer Kunde kann nicht soviel Profit abwerfen, ihm ist schleierhaft woher das Geld kommt. Dann fällt es ihm wie Schuppen von den Augen, er arbeitet ohne es gemerkt zu haben für den legalen Arm einer Mafia-ähnlichen Organisation. Income gering, Gewinne groß, hier wird Geld gewaschen, bei einer Teilhaberversammlung wird es augenscheinlich. So schnell er kann, kündigt er. Nun wird es prekär für ihn in Warschau, es rächt sich, das er kein Pole ist und auch nicht perfekt polnisch spricht, außerdem ist er mit 42 schon ziemlich alt für eine dem Jugend-Wahn verfallene Branche. Rainer hat eine Depression aus gutem Grund und lässt sich in der Berliner Charite einen kirschgroßen Gallenstein entfernen. In solchen Situationen überdenkt man sein Leben. Der Stress, über den er sich erhaben glaubte, verlangt eine Entschleunigung des Lebens. Er wird in Berlin wieder bei seiner “alten” Agentur stellvertretender Geschäftsführer, nur um sich bei einem der großen Energie-Konzerne von Atomkraftwerken umstellt zu fühlen, während nur noch Praktikanten und Rookies, die nur mit dem Computer umgehen können, als Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Sein Job ist moralisch nicht mehr vertretbar für ihn.

Nur Monate später endet die nur zweijährige Ehe. Die weitergehenden unschönen Details vertraut er nur mir und einem anderen langjährigen Freund an. Seltsam, ein paar Jahre vorher hatte ich nach sieben Jahren Beziehung eine Ehe, die nach nur zweieinhalb Jahren auseinander brach. So unterschiedlich unsere Charaktere und Biografien waren, manches ähnelt sich. So auch der Karriere-Knick, der uns beide ereilt.

Auf eine neue Spitzenposition besteht für Rainer keine Aussicht, auch hier ist er zu alt und zu teuer für potentielle Arbeitgeber. Das Praktikanten-Unwesen hat begonnen, er konkurriert genau wie ich in meinem Job mit Twens, die für nichts oder fast nichts schuften. Und die den Begriff Twen wahrscheinlich nicht kennen, das tun nur „Opas“ wie Rainer und ich. Und sicher, „Twen“ war für uns auch ein legendäres Periodikum, das die Magazin-Gestaltung insgesamt bahnbrechend veränderte.

Rainer bekocht mich im Hansaviertel, er hat 1000 Pläne, wieder ist es so, als ob wir uns nie getrennt hätten. Aber dann habe ich eine längere Phase der Krise und Krankheit. 2003 höre ich beim Sender auf, das wurde mir in der Reha geraten. Ich mache eine Umschulung, habe zwei Jahre eine Fernbeziehung, während ich die Wochenende bei meiner Freundin, einer Psychotherapeutin in Thüringen verbringe, kümmert er sich um meine Katzen. 2005 ist erstmal Schluss für mich. Erst scheitert die Partnerschaft, dann bekomme ich eine Depression und muss auch die Umschulung abbrechen. Ende der Nuller-Jahre entscheide ich mich für die Rente, wieder folgt eine Pause in der Rainer und ich keinen Kontakt haben.

2013 überwinde ich endlich meine Schreibblockade, im Juli bekommt Julia, meine Stieftochter aus der Ehe ein Baby und macht mich zum Quasi-Opa. Auch für sie schreibe ich die Geschichte meiner Vorfahren auf. Durch Facebook treffe ich viele alte Frende wieder, so auch Rainer. Er lebt seit sieben Jahren mit Delilah zusammen, in die er sich verliebte, als er nichts hatte ausser seinem lange unterforderten kritischen Verstand. Am Sterbebett seiner Mutter erlebte er wie das Herz seines Vaters fast hörbar brach. Zugleich war er extrem verliebt, da ihn Delilah mit Gesang und unendlicher Fürsorge durch alle Höhen und Tiefen begleitete. Auch inspirierte sie ihn das Malen und Zeichnen wiederaufzunehmen.

Das temperamentvolle Vollblut-Weib ist siebzehn Jahre jünger als er. Sie hat drei fast erwachsene Kindern und eine Enkelin. Er wird Vatervertreter und Nenn-Opa. Eine Lektion hat ihm das Leben überdeutlich vermittelt, eine schwere Lebenskrise hilft um das Wesen eines Menschen tiefgreifend zu erfahren, dann kann man Liebenswürdigkeit und Charakterstärke erkennen. Er tut und denkt nur noch was er wirklich will, Geld ist nicht das Wichtigste im Leben, öfter mal ein Bild verkaufen, wäre trotzdem schön.

Nachdem wir uns im Frühjahr 2013 wiedertreffen nehmen wir unseren Dialog wieder auf. Wir diskutieren über Philosophie, Politik, Psychologie und Science-Fiction. Im Sommer ist er begeistert, dass ich eine Neuauflage von Assasin starten will.

Doch es gelingt mir nicht, mich in den punkmäßigen, abgebrühten Assasin-Modus zu versetzen. Na klar über die NSA-Affäre kann man herrlich lästern. Aber das tun Andere ohnehin schon, vielleicht sogar besser. In 30 Jahren ist der Gonzo-Stil des alten Assasin Mainstream geworden und ich habe mich weiterentwickelt. Vielleicht ist der alte flapsige Stil des Assasin ohnehin zu locker für die doch sehr bedrohliche Entwicklung hin zu einem totalitären Staat in den USA und folglich auch bei uns. Natürlich stellt einen die Politik vor viele Fragen. Die geleakten NSA Papiere drängen mir einen bösen Vergleich auf. Stellen sie nicht der Öffentlichkeit die Frage. „Wollt ihr die totale Überwachung?“ Und ist das Desinteresse einer Mehrheit nicht ein klammheimliches „Ja“, oder zumindest „Ist mir egal“. Doch mehr als mich zu informieren und meine Meinung zu sagen, gelingt mir nicht.

Erstaunlicherweise gefällt einigen Leuten, was ich über meine Familie und aus meinem Leben erzähle. Im September starte ich ein Blog, neben den Texten poste ich viele Fotos, auch welche die mein Freund Rainer gemacht hat. Als ich zum ersten Mal einen Gastautor veröffentliche, bitte ich Rainer Illustrationen zu zeichnen und damit beginnt eine neue, fruchtbare Zusammenarbeit mit ihm.

Im Frühjahr 2014 beginne ich eine vierteilige Erzählung über einen Schulfreund, aber es wird ein kleiner Roman daraus, zu jedem der zwölf Kapitel macht Rainer stimmungsvolle Bleistiftzeichnungen. Nun da ich mit „Die Legende von Xanadu“ fast fertig bin, sprechen wir über einen weiteren Roman, den ich gern in West-Berliner Punkszene Anfang der 80er Jahre ansiedeln möchte. Es gibt viel zu schreiben und zu zeichnen: „Das machen wir jetzt“.

-Vorläufiges Ende-

Familienportrait – “Paris zum ersten” / 1971

 Meine Mutter hatte für den Juli ein Haus in Bretignolles-sur-mer am Atlantik gemietet und alle Freunde eingeladen. Am Morgen des 2. Juli fuhren wir in Berlin los. Zu fünft im Käfer meines Bruders wars ziemlich eng. Da in den Kofferraum kaum ein Koffer passte, hatten wir einen Gepäckträger auf dem Dach, der aerodynamisch eher ungünstig wirkte. Die Höchstgeschwindigkeit des Volkswagens von 125km/h war jedenfalls nicht erreichbar. Kurz gesagt, es war keine bequeme Art des Reisens, aber es hat uns nichts ausgemacht.

In den berüchtigten Kasseler Bergen rauchte der Heckmotor etwas, wir waren kaum schneller, als die Brummis neben uns. Als wir die französische Grenze passiert hatten, hielten wir um Café zu trinken und Gauloises zu kaufen. Danach bekamen wir Radio Caroline im Radio rein, der Piratensender erhöhte unsere Stimmung mächtig.

Als es dunkel wurde erreichten wir die Périphérique. Kurz vor zehn parkten wir am Pantheon. Wir wollten die Nacht in Paris durchmachen und morgens weiterfahren. Ein guter Plan, wie sich herausstellte.

Wir erkundeten Paris zu Fuß und landeten auf der Champs-Élysées, die wir in Richtung Arc de Triomphe liefen. Zsa Zsa Gabor kam uns mit drei rosa gefärbten Pudeln entgegen, am Arm einen sehr aristokratisch aussehenden älteren Herrn. Die meisten Passanten waren schick gekleidet, ein deutlicher Unterschied zum provinziellen Berlin. Die Luft roch leicht nach Champagner, die Gauloises und der viele Kaffee erzeugten ein gewisses High.

Am Arc de Triomphe bogen wir in die Avenue Georges V. ein. Wir blieben stehen und bewunderten das berühmte Hotel auf der anderen Strassenseite. Hinter uns ging eine Tür auf und wir drehten uns um. Aus dem Restaurant “Au Vieux Berlin” trat Romy Schneider auf den Gehsteig, an ihrem Arm ihr Freund Daniel Biasini. Romy schenkte uns ein Mikro-Lächeln bis Biasini sie wegzog.

Am Boulevard St, Michel taten uns die Füße weh, wir setzten uns vor eins der gut besuchten Cafés. Es war Mitternacht, trotzdem war es voll, wie auf dem Kudamm am Sonntag nachmittag. Zwischen den eleganten Passanten spielten kleine Kinder, hatten die keine Eltern?

Es war einer der seltenen Momente, in denen man denkt, besser geht es nicht mehr. Ich war jung und lebenshungrig, wollte mich verlieben. An diesem Punkt meines Lebens hätten noch alle meine Träume wahr werden können. Nichts trübte meine Unschuld, wie gut das man nicht weiß, was später einmal passieren wird.

Ich ahnte auch nicht, was nur zwei Kilometer entfernt, am anderen Seine-Ufer ein paar Stunden später passieren würde. Am Morgen würde, in der Rue Beautreillis Nr.17, eine der prägensten Stimmen des 20. Jahrhunderts für immer verstummen.

Um drei Uhr waren wir wieder beim Auto und versuchten ein paar Stunden zu schlafen, was zu fünft im Käfer definitiv nicht empfehlenswert ist. Als es richtig hell wurde, fuhren wir weiter in Richtung Meer. Hinter Paris aßen wir eine fantastische Käseplatte mit Baguette. So gestärkt gingen wir in die letzte Etappe und am Nachmittag erreichten wir, völlig erledigt die Vendée.

Dort verlebten wir einen herrlichen Urlaub, später würde ich noch zweimal den Juli am Atlantik verbringen, einmal mit Andi, meinem verstorbenen Freund und ein weiteres Mal mit meinem Freund Rainer Jacob, dem Künstler und Fotografen.

Auf der Rückfahrt kaufte ich irgendwo einen New Musical Express. Jim Morrison war tot, in der Badewanne gestorben, an einer Überdosis Heroin, gegen neun Uhr morgens, am 3. Juli 1971, als wir eben Paris wieder verlassen hatten.

My wild love went ridin’
She rode to the sea
She gathered together
Some shells for her hair
She rode and she rode on
She rode for a while
Then stopped for an evenin’
And lay her head down

Berlinische Leben – “Stoffwechsel” / von H.P. Daniels / Momentaufnahme aus dem West-Berlin der frühen 70er Jahre

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Vorwort:

Anfang der 70er Jahre soll West-Berlin die Welthauptstadt des Heroins gewesen sein. Wahrscheinlich beruht diese Einschätzung auf dem ungeheuren Erfolg des Kolportage-Romans „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. In Wirklichkeit war die Szene der harten Drogen recht begrenzt. Sehr viel größer war die Kifferszene. Ich behaupte mal, es lebte damals eine Generation, in der es mehr Kiffer als Nichtkiffer gab. Schüler, Studenten, Lehrlinge, doch auch Rechtsanwälte, Ärzte und Antiquitätenhändler frönten dem Cannabis-Genuss. Ganz besonders Antiquitätenhändler.

Der „Shit“ war nicht teuer und das Geschäft hatte noch nichts mit Waffen und Gangs zu tun. Es war eine skurrile Szene, die sich abends in Teestuben, Cafés und Discos traf. Seltsamerweise ist über dieses West-Berliner Phänomen kaum geschrieben worden. Als ich mich mit dem Schriftsteller und Musikjournalisten H.P. Daniels darüber unterhielt, holte dieser das Manuskript einer Kurzgeschichte aus der Schublade. Sie sei „nichts zum Veröffentlichen,“ aber ich durfte sie lesen. Meiner Meinung nach, war sie sie für die Schublade zu schade. Und weiter fand ich, dass sie stilistisch und thematisch besonders gut in mein Blog passen würde, auch wenn H.P. Sie für eine Art „Jugendsünde“ zu halten schien. Ich begann H.P. zu überreden und schließlich stimmte er zu. Mein Freund Rainer Jacob hat dann noch den Text mit zwei Bleistiftzeichnungen illustriert. Ich freute mich H.P. Daniels als ersten Gastautor begrüßen zu dürfen und wünsche nun erneut gute Unterhaltung mit „Stoffwechsel“, der Momentaufnahme einer Gruppe dilettantischer Dealer auf ihrer ersten Schmuggeltour. M.K.

 

STOFFWECHSEL

 

Es fängt damit an, dass Daniel einen Rundfunkmoderator kennt, den Bernd auch kennt.
– Klar, kenne ich den: Peter König. King haben sie ihn genannt. Kann schon sein, dass der inzwischen ein ganz netter Typ ist, aber damals konnte ich ihn nicht leiden. Ist ja auch schon mindestens zwanzig Jahre her inzwischen. König war Diskjockey im GLOBE, am Kudamm. Er hat Platten aufgelegt. Und nebenbei gedealt. Oder er hat gedealt. Und nebenbei Platten aufgelegt. Je nachdem, wie man es betrachtet. So genau konnte man das nicht trennen. Das gehörte irgendwie zusammen bei dem: Plattenauflegen und Dealen. Dealen und Platten auflegen. King war sowas wie ein Großhändler, Verteiler. Er hat alle kleinen Dealer von Berlin beliefert. Hundertgrammweise. Heck haben wir dazu gesagt, weil ein Heck sich heckt: es vermehrt sich. Du verkaufst das Meiste, rauchst den Rest und du hast genug Geld, um wieder ein Heck zu kaufen.

 

Irgendwann war uns das zu blöde mit Peter König, mit seiner Monopolstellung. Dass der als Einziger in Berlin den Markt beherrschte, dass er die Preise bestimmte. Mit ein paar Kumpels haben wir unsere ganze Knete zusammengeschmissen, ein paar Klamotten verkauft, Schallplatten und sowas, und noch ein bißchen was gepumpt. Dann sind wir los. Amsterdam. Zu viert in meinem alten Hundertachtziger Daimler. Dschingis war auch mit. Der hat so Ledersachen gemacht: Gürtel, Taschen, Hüte, sowas. Er wollte Leder kaufen in Amsterdam. Das war dort auch günstig

Die ganze Nacht durchgefahren, am Morgen waren wir da. Amsterdam. Eine Kamikaze-Aktion. Dschingis wusste, wo er hingehen musste, wo er sein Zeug bekommt, alle möglichen Sorten von Leder. Er hatte eine Adresse und wir hatten keine Ahnung. Wo wir einkaufen könnten. Etwas ratlos blöde haben wir rumgestanden. Mitten in Amsterdam. Schwer übermüdet nach dem ganzen Weg von Berlin. Und wir haben beschlossen, wenn wir bis abends nichts gefunden haben, hauen wir wieder ab.

 

Irgendwann, mitten im Tag, mitten in der Stadt, kam ein Typ auf uns zu, so mit PSST, PSST, und wollt ihr was kaufen?

– Kommt drauf an, was du hast!
Er zeigte uns ein lächerliches Piece, so ein mickriges Zwanzig-Mark-Krümelchen.

– Eigentlich hatten wir an eine größere Menge gedacht, haben wir ihm gesagt. Und ob er vielleicht einen Tipp für uns hätte?
– Wieviel?
– Na, so drei, vier Kilo.

 Er zuckte. Gleichzeitig mit den Augen und den Mundwinkeln:
– Ihr wollt wirklich drei bis vier Kilo? Und ihr seid euch da auch ganz sicher?

 – Natürlich, es kommt drauf an, was du uns bieten kannst. In punkto Preis und Qualität.
In Ordnung. In zwei Stunden sollten wir wieder zur selben Stelle kommen.

 Und wir haben das gemacht, wir hatten eh keine andere Wahl.

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Der Typ führte uns in eine Wohnung. Sehr schnieke alles. Nicht so eine Höhle, wie man das sonst so kannte. Nein, sehr edel alles, luxuriös eingerichtet. Ledersofa, Glastisch, teuere Stereoanlage. Tausende von Platten. Und überall an den Wänden riesige Posters: Keith Richards, Plakate von Stones-Konzerten. Jimi Hendrix. Doors. Sauber aufgehängt, sehr stilvoll, unter Glas. In edlen, poliert silbrigen Rahmen. Doch, der Typ hatte Geschmack. Und das nötige Kleingeld. Rik war eine eindrucksvolle Erscheinung. Mit einer schwarzen Lederhose, weißer Seidenbluse mit weiten Ärmeln. Und jede Menge Indianerschmuck. Silberne Ringe und Armreifen mit dicken Türkisen. Mit seinen dunklen, lockigen Haaren hatte Rik eine frappierende Ähnlichkeit mit Jim Morrison.

Im Angebot hatte er schwarzen, knetbaren Paki und Kaschmir. Wir durften probieren. Erstklassiges Zeug. Kein großes Gerede, schnell wurden wir uns einig. Der Preis war okay, wir zahlten in bar.

Da standen wir nun mit unseren Kilos. Unser Geld hatte für vier Kilos gereicht. Nicht ganz, aber Rik hatte uns großzügig etwas Rabatt gewährt.

Da standen wir nun mit vier Kilo besten schwarzen pakistanischen Haschischs. Mitten in Amsterdam.

 

Der Vermittler war immer noch dabei. Ganz netter Kerl eigentlich.

 – Und? fragte er. Wie kriegt ihr das Zeug jetzt rüber, über die Grenze? Wussten wir nicht.

– Okay, sagte er, ich zeig euch eine Stelle, wo ihr zu Fuß rüber könnt. Für fünfzig Mark zeig ich euch den Weg.

Zu zweit sind wir los mit dem. Die anderen beiden sind im Auto gefahren. Sie wollten uns auf der anderen Seite aufsammeln. Mit dem Typen sind wir in der Bahn zu irgendeinem Kaff gefahren. Dann hat er uns zu einem Waldstück geführt.

– Hier müsst ihr einfach immer geradeaus gehen. Einfach nur geradeaus. Irgendwann seid ihr über die Grenze. Und wenn ihr eine gelbe Telefonzelle seht, seid ihr in Deutschland.

Wir gingen geradeaus in den Wald, wie er es uns gesagt hatte. Aber irgendwie müssen wir uns verlaufen haben. Stundenlang latschten wir durch diesen gottverdammten Wald. Ich hatte das blöde Gefühl, dass wir ständig im Kreis herumliefen. Inzwischen war es dunkel geworden, und wir haben völlig die Orientierung verloren. Und diese verdammten vier Kilo Shit dabei. Uns wurde immer mulmiger, weil wir nicht wussten, wo die Grenze war. Und wo wir waren. Und weil uns jederzeit Zollbeamte über den Weg laufen könnten. Oder Polizei. Dann wären wir am Arsch gewesen. Aber es blieb ruhig.

 

 

Endlich sahen wir die Telefonzelle. Sie kam uns vor wie ein Leuchtturm für ein Schiff, das den Kurs verloren hatte. Geschafft. Wir hatten es geschafft. Wir waren drüben. In Deutschland mit vier Kilo Haschisch.

– Hey, wir dachten schon, ihr kommt überhaupt nicht mehr, wir dachten, sie haben euch geschnappt. Was war denn los, Mann?

Dschingis erzählt, dass sie mit dem Auto am regulären Grenzübergang einfach durchgefahren sind:

– War kein Grenzer da. Nicht einer. Wir sind durchgefahren, einfach durch. Und mussten noch nicht mal die Pässe zeigen. Keine Kontrolle. Nichts. Ganz easy. Und Ihr. Wo wart ihr denn so lang?

 

In Berlin haben wir die vier Kilo relativ schnell unters Volk gebracht. Haschisch fürs Volk. Hat nicht Karl Marx mal so was gesagt? Wir haben das Zeug fünfzig Pfennig billiger verkauft pro Gramm als Peter König. Unser Programm, hahaha. Da war der King stinkig, weil wir ihm das Geschäft vermasselt haben, und sein Monopol baden ging. Aber er konnte nichts machen.

Das Geschäft lief so gut, dass wir weitermachten, die Sache wiederholten, und wir unsere Beziehungen ausweiteten. Wir fuhren regelmäßig nach Amsterdam, kauften ein bei Rik, gewannen Routine beim Grenzübertritt, wurden professionelle Schmuggler, versorgten die Freaks in Berlin. War ja alles noch nett und harmlos zu der Zeit. Keine Mafia, keine Gewalt, keine Waffen, keine Drohungen. Das kam erst später.

 

Ende

 

Mehr von H.P. Daniels findet Ihr auf seiner Facebook Seite:

https://www.facebook.com/profile.php?id=100000086822391&fref=ts

 

Demnächst erscheinen hier zwei weitere Texte von H.P. Daniels. Zunächst ein Reblog von “Hauptsache Berlin” aus der Reihe “Berlinische Räume” und danach eine Fortsetzung davon als Erstveröffentlichung.


Berlin Typography

Text and the City // Buchstaben und die Stadt

Der ganz normale Wahnsinn

Das Leben und was uns sonst noch so passiert

500 Wörter die Woche

500 Wörter, (fast) jede Woche. (Nur solange der Vorrat reicht)

Licht ist mehr als Farbe.

(Kurt Kluge - "Der Herr Kortüm")

Gabryon's Blog

Die Zeit vollendet dich...

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Bilder sehen und verstehen.

Idiot Joy Showland

This is why I hate intellectuals

The Insatiable Traveler

Travel inspiration, stories, photos and advice

Marlies de Wit Fotografie

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Ein Blog von Vielen

aus dem Er_Leben mit dissoziativer Identitätsstruktur auf dem Autismus-Spektrum

literaturfrey

In der Kunst spielt ja die Zeit, umgekehrt wie in der Industrie, gar keine Rolle, es gibt da keine verlorene Zeit, wenn nur am Ende das Möglichste an Intensität und Vervollkommnung erreicht wird. H. Hesse

Blackbirds.TV - Berlin fletscht seine Szene

Zur Musikszene im weltweiten Berliner Speckgürtel

Reiner "rcpffm" Peffm 's mobile blog and diary

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Leselebenszeichen

Buchbesprechungen von Ulrike Sokul©

Dokumentation eines Lebenswegs

Ein Blog im stetigen Wandel. Über den Wert von Familie. Krankheit, Aufarbeitung von Gewalt, Briefe an meinen Vater und meinen Sohn. Wohin wird mich alles führen?

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